Hollywood kennt jeder auf der Welt – aber wer kennt das Land zwischen Stendal, Burg und Bitterfeld? Das fragte in leichter Abwandlung Rainald Grebe vor einigen Jahren. Mit ATOMIC EDEN wurde ein waschechter, starbesetzter Actionfilm in Sachsen-Anhalt produziert, der nun auf Blu-ray vorliegt.
Wer hat Angst vorm „schwarzen Mann“? cmv laservision veröffentlicht zwei sehr unterschiedliche Horrorstreifen unter dem Titel BOOGEYMAN in mehreren limitierten Mediabooks.
Der gelernte Maler und Grafiker Walerian Borowczyk machte sich in den 1970er Jahren einen Namen als Filmemacher, der nackte Weiblichkeit und (pervertierte) Sexualität betörend in oftmals historischem Setting in Szene zu setzen vermochte. Skandale blieben wie bei „La Bête – Die Bestie“ (1975) nicht aus, als er die Ejakulation einer haarigen Kreatur auf eine entblößte französischen Adlige zeigte – weswegen der Film in Deutschland lange Zeit auf dem Index stand. An EMANUELA 77 ist indes nur ein Faktum tatsächlich skandalös: Wie schamlos hierzulande zum Kinostart versucht wurde, den Film wegen der Präsenz von Sylvia Kristel an die ungleich kommerziellere „Emmanuelle“-Softsex-Reihe anzudocken. Denn das spröde Erotikdrama hat rein gar nichts damit zu tun.
Sigismond (Joe Dallesandro) lebt zusammen mit Frau Sergine und dem gemeinsamen Sohn in einem Haus in der Provinz. Als er für einem nicht näher definierten Auftrag nach Paris fahren muss, sucht er auf den hastig via Voice-Over eingehauchten Tipp seines Onkels hin die Nähe zur Prostituierten Diana (Sylvia Kristel), in die er sich Hals über Kopf verliebt. Das beruht eigentlich auf Gegenseitigkeit, doch kann Diana wegen eines brutalen Zuhälters ihre professionelle Fassade nicht aufgeben. Plötzlich erreicht Sigismond ein Brief mit markerschütternden Nachrichten…
Plaion Pictures ist mit der Veröffentlichung von EMANUELA 77 ein Coup gelungen: Das Erotikdrama liegt erstmals überhaupt im Home Entertainment vor, selbst eine deutschsprachige VHS-Auswertung gab es bisher nicht. Und bei der Mediabook-Veröffentlichung werden Borowczyk-Fans ob der zahlreichen Extras mit der Zunge schnalzen. Als Bonus sind etwa Borowczyks 40-minütige, belebte Großstadtalltag-Dokumentation „Briefe aus Paris“ (1975) und mit „Diana aus Amsterdam“ ein 5-minütiger Werbefilm zu EMANUELA 77 enthalten, gesprochen von Sylvia Kristel.
In einem 63-minütigen Portrait vom British Film Institute mit dem Titel „Obscure Pleasures“ klärt Borowczyk in einer Werkschau über die Unterschiede zwischen Alchemismus und Animationskunst auf, entgegnet auch kritischen Fragen gelassen, ob er etwa selbst Perverser oder Kunde von Prostituierten sei. Von einem Kino der schönen Bilder will er nichts wissen: Vor allem gehe es für den gebürtigen Polen um die Montage und die Entfaltung der Handlung in der Zeit – woran sein nie wirklich berührendes Erotikdrama hier allerdings scheitert. Die immerselben Großaufnahmen entblößter weiblicher Körper (vor allem von den Oberschenkeln bis zum Bauchnabel) geraten alsbald ermüdend, innere Monologe um die eigene lüsternen Gefühle beim unbeholfen anmutenden Geschmuse sind fast schon unfreiwillig komisch, der dünne Plot schleppt sich zäh dahin. Während der grimmig-dröge Joe Dallessandro den spröden Charme eines zwielichtigen Mafiaschergen aufweist, spielt Sylvia Kristel eine weiteres Mal nach den "Emmanuelle"-Teilen ihre Paraderolle als verführerische Liebende – auch wenn sie ihre Zigarettenkippen bisweilen an merkwürdigen Orten ausdrückt. Songs von Elton John, Pink Floyd oder Tangerine Dream beim jugendfreien Liebemachen sorgen zumindest für ungleich mehr Abwechslung. EMANUELA 77 ist ein sprödes, unterkühltes Erotikdrama, dem unnötig viel seiner Sinnlichkeit durch abturnende Gehampel-Sexszenen abhanden kommt.
Insgesamt sind drei verschiedene Fassungen von EMANUELA 77 auf den Scheiben enthalten: In der 86-minütigen Produzentenfassung fehlt im Vergleich zur 20 Sekunden längeren deutschen Kinofassung jene Szene, wo Diana von ihrem Zuhälter erst geschlagen wird, der dann mit ihr schläft („Wir sind hier nicht Bangkok, sondern in Paris!“, so dazu ein Teil der irreführenden, auf „Emmanuelle 2 – Garten der Liebe“ anspielenden deutschen Synchro). Auch Borowczyks 91-minütige Originalversion (Director’s Cut) ist enthalten. Einziger Wehmutstropfen: Die alternativen Szenen der britischen Fassung in VHS-Qualität sind unkommentiert aneinander gereiht – und auch sonst fehlt jegliche Einordnung zur Entstehung des Films oder warum wie die Schere angesetzt wurde. (Möglicherweise ist dazu etwas im Booklet zu finden – und lagen zur Rezension allerdings nur die Discs ohne Verpackung vor.)
LUTZ GRANERT
Titel: EMANUELA 77 – Mediabook Label: Plaion Pictures Land/Jahr: Frankreich 1976 FSK & Laufzeit: ab 16, ca. 91 / ca. 86 Min. Verkaufsstart: 29. Februar
4 Oscars können bei der Klasse eines Films nicht trügen – oder doch? IM WESTEN NICHTS NEUES liegt nun im Verleih von capelight pictures auch auf DVD und Blu-ray und einer Limited Collector's Edition im Mediabook vor.
Kriminelle Jugendliche an Schulen waren im US-Genrekino der späten 70er bis Mitte der 80er Jahre allenthalben anzutreffen. „Die Klasse von 1984“ (1982) mit einem jungen Michael J. Fox um die Auseinandersetzung einer Punkergang mit einem Musiklehrer oder auch „Der Prinzipal – Einer gegen alle“ (1987) mit James Belushi als hart durchgreifendem Rektor erlangten dabei mit die größte Berühmtheit. In deren Schatten steht mit 3:15 – DIE STUNDE DER COBRAS ein blutiger, aber nicht weniger kultiger Thriller, der bei Wicked Vision Media kürzlich im Mediabook (mit Essay von Christoph N. Kellerbach) veröffentlicht wurde.
Als Jeff Hannah (Adam Baldwin) eine nächtliche Aktion von Cinco (Danny De La Paz) zu weit geht, verlässt er die Bande der „Cobras“. Ein Jahr später dealt die Gang mit Drogen an der versifften High School, bis bei einer Razzia sämtliche Mitglieder verhaftet werden. Da man ihnen nichts nachweisen kann, kommen sie wieder auf freien Fuß – und Cinco will sich an dem vermeintlichen Verräter Jeff rächen. Am Nachmittag um 15.15 Uhr kommt es auf dem Gelände der geschlossenen High School zum Showdown auf Leben und Tod…
Der Plot ist simpel und kämpft mit einigen fragwürdigen Konstruiertheiten: Wo ist etwa die Polizei, wenn wirklich jeder über das angekündigte Duell Bescheid weiß und das abgeriegelte Schulgelände nachmittags aufgebrochen wird? Trotzdem macht 3:15 – DIE STUNDE DER COBRAS Spaß: Der kurzweilige Streifen ist mit diversen, wenn auch wenig einprägsamen Rocksongs unterlegt, die etwas schnoddrig geratene deutsche Synchronisation setzt auf recht frei übersetzte tierische Beleidigungen („Ochse“, „Seuchenvogel“) und Charakterkopf Ed Lauter („Cujo“) ist als lässig-stumpfer Polizei-Lieutenant sowieso der Coolste: „Darum bin ich auch Polizist geworden, nicht Lehrer. Bei uns kann man ab und zu lachen“, sagt er mit verschmitztem Grinsen zum angepissten Direktor. Vor allem ein Blick auf die Nebenrollen lohnt: Der spätere Filmemacher (New Jack City“) und „Highlander III“-Bösewicht Mario Van Peebles hat im luftigen Kaki-Overall und mit Barett eine Nebenrolle als potenzieller Unterstützer von Jeff, Gina Gershon („Showgirls“, „Bound – Gefesselt“) spielt eine zwielichtige Bitch mit Lederoberteil und dunkler Mähne.
Die vorliegende 2-Disc Limited Collector‘s Edition hält die europäische HD-Premiere des Films und als Boni den deutschen Kinovorspann, mehrere Trailer, einen Audiokommentar sowie ein 12-minütiges Interview mit Danny De La Paz bereit. Dabei verrät er, dass er in derselben Schauspielklasse saß wie Deborah Foreman, die im Film Jeffs Freundin spielt. Doch warum er dabei die ganze Zeit einen albernen blau-weißen Hut mit tiefsitzender Krempe trägt, bleibt offen.
LUTZ GRANERT
Titel: 3:15 – DIE STUNDE DER COBRAS - 2-Disc Limited Collector‘s Edition (Cover A) Label: Wicked Vision Media Land/Jahr: USA 1986 FSK & Laufzeit: ab 16, ca. 85 Min. (Bluray) / ca. 81 Min. (DVD) Verkaufsstart: veröffentlicht
Die Horror-Reihe hat einen schweren Stand in Deutschland: Mit der Zensur- und Release-Geschichte von den einzelnen Teilen der „Texas Chainsaw Massacre“-Reihe ließe sich ein Buch füllen. Ein Teil spielte darin bisher eine Sonderrolle: Zwar war LEATHERFACE – TEXAS CHAINSAW MASSACRE 3 bisher immer ungekürzt, dafür unlizenziert, also illegal auf dem deutschen Markt erhältlich. Einen Malus, den Plaion Pictures nun mit einem limitierten, nur im hauseigenen Shop erhältlichen, limitierten Mediabook mit zwei Blu-Rays und einer Bonusmaterial-DVD auflöst.
Insgesamt drei Scheiben enthalten sowohl die für den US-Kinostart entschärfte R-Rated-Fassung als auch die Unrated-Fassung des Films, in dem sich in der texanischen Einöde (gedreht wurde übrigens komplett in Kalifornien) einmal mehr zwei Fremde verirren und an die Kannibalen-Sippe um den titelgebenden Menschenhautfetischisten geraten. Nachdem der ebenso grelle wie abgedrehten zweiten Teil der Reihe ungeprüft in die US-Kinos kam, wurde LEATHERFACE – TEXAS CHAINSAW MASSACRE 3 mit ernsterem Ansatz geplant, so ruppig wie der Erstling.
Doch hinter den Kulissen gab es immer wieder Querelen, Regisseur Jeff Burr wurde zwischenzeitlich gefeuert – und an den Kinokassen entpuppte sich die Low-Budget-Produktion als Flop, wie die Beteiligten im interessanten 28-minütigen Making-Of „The Saw Is Family“ (zugleich die Werbezeile) rekapitulieren. Die längste Kettensäge der Franchise-Geschichte allein war wohl kein Verkaufsargument.
Auch ein alternatives, beim Testpublikum durchgefallenes Ende ist im Bonusmaterial enthalten, in dem die unkontrolliert durch einen Teich knatternde Kettensäge den Kopf von Protagonist Benny (Ken Foree, „Dawn Of The Dead“) zermatscht. Wegen des zu erwartenden Blutbads werden sich Gore-Fans nun sicher die Hände reiben – und enttäuscht sein. Auch die Unrated-Fassung des inhaltlich austauschbaren und auch qualitativ durchwachsenen Horrorstreifens blendet vor potenziellen Gewaltspitzen wiederholt ab. Eine tolle Edition also für einen mediokren Slasher.
LUTZ GRANERT
Titel: LEATHERFACE – TEXAS CHAINSAW MASSACRE 3 (Mediabook) Label: Plaion Pictures Land/Jahr: USA 1990 FSK & Laufzeit: ab 18, ca. 85 Min. Verkaufsstart: veröffentlicht
Auftragskiller in einer neuen Dimension: Auch wenn die Grundidee von POSSESSOR nicht gänzlich neu ist, gerät der optisch eindrucksvolle SciFi-Thriller schlicht faszinierend. Und kam kürzlich in einer lohnenswerten Edition ins Heimkino.
Xin (Gu Shangwei) ist ein in internationaler Mission operierender Interpol-Agent, der bei einer Razzia aufgegriffen wird und im Gefängnis landet. Seine Identität gibt er nicht preis – ein Fehler? Denn kurze Zeit später wird er anhand einer veranstalteten Massenkeilerei vom Gefängnisdirektor als einer der Teilnehmer für ein mörderisches Spiel ausgewählt.
Nun nicht mehr nur in gut sortierten VHS-Sammlungen verborgen, sondern im Handel: Plaion legte kürzlich den Kult-Klassiker THE HIDDEN - DAS UNSAGBAR BÖSE im Mediabook vor.