
Mord, Drogen und Orgien all inclusive
Brandon Cronenberg lotet in INFINITY POOL unter US-Amerikanern im Luxusurlaub menschliche Abgründe aus. Der Psychothriller setzt nur auf praktische Effekte und liegt bei Turbine in vier verschiedenen Mediabooks vor.
Schriftsteller James Foster (Alexander Skarsgård) und Freundin Em (Cleopatra Coleman) machen Urlaub in einem Luxus-Resort in dem autokratisch regierten Land Li Tolqa, in dem das Recht der Blutrache gilt und die Todesstrafe schon für Blasphemie und Sodomie droht. Aufenthalte außerhalb des mit Stacheldraht gesicherten Resorts sind verboten. Doch erliegt das Pärchen dem Charme von Schauspielerin Gabi (Mia Goth) und ihrem Partner Alban (Jalil Lespert), die mit ihnen zu einem Grillausflug am Meer aufbrechen. Auf der Rückfahrt überfährt James einen Jungen, der über die dunkle Straße läuft. Eigentlich ein Unfall, doch die Strafe ist der Tod. Wie gut, dass die Regierung von Li Tolqa ein Verfahren entwickelt hat, gegen die Zahlung einer hohen Geldsumme originalgetreue Duplikate der Delinquenten herzustellen, die an ihrer statt hingerichtet werden. Es ist der Auftakt einer Reihe von Exzessen, in deren Strudel James zunehmend gefangen ist...
Die zynische Dekadenz der Reichen, die auch vor Mord und Totschlag nicht zurückschrecken: Im Kern ist die letztlich reichlich formelhaft abgespulte und mit einigen brachialen Gewalteruptionen angereicherte Geschichte von INFINITY POOL nicht neu, die im Vergleich zur originellen Hierarchie-Umkehr zwischen Arm und Reich in „Triangle of Sadness“ (2023) reichlich mutlos daherkommt. Doch über diesen Malus tröstet der inszenatorische Stilwille hinweg, die immer wieder aufzeigt, dass es unter der schönen, nach und nach abgestreiften Oberfläche gewaltig gärt. Unheilschwangere Musik und viele Ultra-Nahaufnahmen kolportieren Unruhe, groteske traditionelle Masken der Einheimischen heben innere Hässlichkeit hervor – wie passend, dass James von der Kritik verrissener Roman den Titel „Die wandelbare Hülle“ trägt.
Wie in in seinem SciFi-Thriller „Possessor“ experimentierte Brandon Cronenberg, der hier eine unwirklich-befremdliche Urlaubserfahrung auf der Dominikanischen Republik verarbeitete, wieder mit allerlei optischen Experimenten. Spiegel kamen dabei ebenso zum Einsatz wie dünne Folien, um gerade einer Orgienszene in der zweiten Filmhälfte seinen psychedelischen Look zu verleihen. Den Lichteffekten ist im Bonusmaterial ebenso ein eigenes Making-Of gewidmet wie den allesamt praktischen Make-Up (ca. 23 Min.), in dem Designer Dan Martin unter anderem in einem eigens angefertigten Handyvideo die Funktionsweise einer Penis-Attrappe verrät, die bei einer Masturbationsszene zum Einsatz kam. Cronenbergs letzter Kurzfilm „Please Speak Continuously and Describe Your Experiences as They Come to You“ (2019) um die Schilderung dreier Träume einer psychiatrischen Patientin und Interviews mit Alexander Skarsgård und Mia Goth (ca. 10 Min.) runden die allesamt vorbildlich deutsch und englisch untertitelten Extras im reichhaltigen Bonusmaterial der in vier Coverversionen daherkommenden Mediabooks mit 48-seitigen Booklet und UHD- sowie Blu-ray des Films ab.
LUTZ GRANERT
Titel: INFINITY POOL – Mediabook (Cover B)
Label: Turbine Medien
Land/Jahr: Kanada/Kroatien/Ungarn/USA/F 2024
FSK & Laufzeit: ab 18, ca. 117 Min. (+ ca. 75 Min. Bonusmaterial)
Verkaufsstart: veröffentlicht
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