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Neu im Heimkino: MAKSYM OSA - DAS GOLD DES WERWOLFS

Im Jahr 2008 postete der ukrainische Illustrator Igor Baranko die ersten Panels eines neuen Projekts auf seinen Blog. Die historische Detektivgeschichte spielte in einem mit zahlreichen Mythen und fantastischen Elementen angereicherten 17. Jahrhundert, Hauptfigur war ein Konsake. Sein Name: Maksym Osa – jener Titel, unter dem die zwei Volumes der gleichnamigen Geschichte 2011 zusammengefasst in einem Hardcover-Band veröffentlicht wurden. Zumindest in der Ukraine – auf dem deutschen Markt ist die Graphic Novel auch mit der Heimkino-Auswertung der Verfilmung bis dato nicht erschienen.

Zugegeben: Die Lizenzierung der Graphic Novel wäre für eine Auswertung im Mediabook, das Pierrot Le Fou zu MAKSYM OSA – DAS GOLD DES WERWOLFS zeitgleich veröffentlicht, ein passendes (wenn auch kostspieliges) Gimmick gewesen. Aber sei's drum, uns liegt ohnehin die Standard-Veröffentlichung der Blu-ray vor – die etwas für Puristen ist: Abseits einiger Trailer sind darauf keinerlei Extras zu finden. Und das bei einem Film, der vor osteuropäischen Mythen und aufwändigen Setdesigns, zu denen man gern ein paar Hintergründe erfahren hätte, nur so überquillt.



Nach einem Hinterhalt und Tod anderer Kosaken gerät Maksym Osa (Vasiliy Kukharskiy) auf der Burg des Grafen Josef (Vladimir Yushchenko) in Gefangenschaft, weil er in Verdacht steht, Gold des Königs gestohlen zu haben. Nachdem er freigekommen ist, interessiert sich Osa vor allem für die Frauen am Hof: Neben einer wehrhaften Tochter des Hausherren gibt die umtriebige Frau des Edelmanns den Ton an. Doch nicht nur die beiden, auch ein rätselhafter Werwolf und eine entstellte Hexe, welche die umliegenden Wälder unsicher machen, scheinen mit dem verlorenen Schatz in Verbindung zu stehen...

Aufwändig gestaltete Interieurs und detailreiche Kostüme lassen in dem oft schummrig ausgleuchteten Fantasythriller eine stimmungsvoll-mysteriöse Atmosphäre aufkommen. Doch leider schießt Filmemacher Myroslav Latyk, der auch am Drehbuch beteiligt war, hin und wieder mit massivem Colorgrading, der sichtbar bei Tageslicht gedrehte Szenen in tiefste Nacht verwandelt, und überstilisierter Ästhetik übers Ziel hinaus. Zeitlupen bei den ohnehin wenigen Actionszenen stellen ebenso wie unübersichtliche Schnitte bei Säbelkämpfen deutlich deren simple Choreografien bloß. Leider gerinnt auch das Tempo zusehends, wenn Maksym Osa sich nach und nach seine neuen Erkenntnisse von den einzelnen Charakteren immer wieder bestätigen lässt – auf abendfüllende Länge wirkt der Plot zu dünn. Die noch vor Kriegsbeginn abgedrehte ukrainische Produktion bietet wenig Anleihen an den schwarz-weißen Panels der Graphic Novel, schielt dabei ästhetisch stark Richtung Hollywood, wodurch MAKSYM OSA – DAS GOLD DES WERWOLFS ohne wirklich eigene visuelle Ideen allzu konventionell gerät.

LUTZ GRANERT

Titel: MAKSYM OSA – DAS GOLD DES WERWOLFS
Label: Pierrot Le Fou
Land/Jahr: Ukraine 2022
FSK & Laufzeit: ab 16, ca. 100 Min.
Verkaufsstart: veröffentlicht

ukraine, heimkino, gewalt, fantasy

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LEATHERFACE - TEXAS CHAINSAW MASSACRE 3 erstmals legal in exklusiver Edition

Die Horror-Reihe hat einen schweren Stand in Deutschland: Mit der Zensur- und Release-Geschichte von den einzelnen Teilen der „Texas Chainsaw Massacre“-Reihe ließe sich ein Buch füllen. Ein Teil spielte darin bisher eine Sonderrolle: Zwar war LEATHERFACE – TEXAS CHAINSAW MASSACRE 3 bisher immer ungekürzt, dafür unlizenziert, also illegal auf dem deutschen Markt erhältlich. Einen Malus, den Plaion Pictures nun mit einem limitierten, nur im hauseigenen Shop erhältlichen, limitierten Mediabook mit zwei Blu-Rays und einer Bonusmaterial-DVD auflöst.

Insgesamt drei Scheiben enthalten sowohl die für den US-Kinostart entschärfte R-Rated-Fassung als auch die Unrated-Fassung des Films, in dem sich in der texanischen Einöde (gedreht wurde übrigens komplett in Kalifornien) einmal mehr zwei Fremde verirren und an die Kannibalen-Sippe um den titelgebenden Menschenhautfetischisten geraten. Nachdem der ebenso grelle wie abgedrehten zweiten Teil der Reihe ungeprüft in die US-Kinos kam, wurde LEATHERFACE – TEXAS CHAINSAW MASSACRE 3 mit ernsterem Ansatz geplant, so ruppig wie der Erstling.



Doch hinter den Kulissen gab es immer wieder Querelen, Regisseur Jeff Burr wurde zwischenzeitlich gefeuert – und an den Kinokassen entpuppte sich die Low-Budget-Produktion als Flop, wie die Beteiligten im interessanten 28-minütigen Making-Of „The Saw Is Family“ (zugleich die Werbezeile) rekapitulieren. Die längste Kettensäge der Franchise-Geschichte allein war wohl kein Verkaufsargument.

Auch ein alternatives, beim Testpublikum durchgefallenes Ende ist im Bonusmaterial enthalten, in dem die unkontrolliert durch einen Teich knatternde Kettensäge den Kopf von Protagonist Benny (Ken Foree, „Dawn Of The Dead“) zermatscht. Wegen des zu erwartenden Blutbads werden sich Gore-Fans nun sicher die Hände reiben – und enttäuscht sein. Auch die Unrated-Fassung des inhaltlich austauschbaren und auch qualitativ durchwachsenen Horrorstreifens blendet vor potenziellen Gewaltspitzen wiederholt ab. Eine tolle Edition also für einen mediokren Slasher.

LUTZ GRANERT

Titel: LEATHERFACE – TEXAS CHAINSAW MASSACRE 3 (Mediabook)
Label: Plaion Pictures
Land/Jahr: USA 1990
FSK & Laufzeit: ab 18, ca. 85 Min.
Verkaufsstart: veröffentlicht

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SISI & ICH - NEU AUF BLURAY

Als die ungarische Gräfin Irma Sztáray (Sandra Hüller) als Hofdame bei Kaiserin Elisabeth (Susanne Wolff) anheuert, wird zunächst ihre Sportlichkeit überprüft. Die kurz „Sisi“ genannte Regentin verordnet strenge Diäten, hasst dicke Menschen – und Männer, weswegen sie auf ihren Landsitz auf Korfu fast nur mit Frauen residiert. Irma freundet sich mit der viel umherreisenden Kaiserin an – entdeckt aber schnell, dass die zunehmend engere Verbundenheit beider Frauen Grenzen hat...

SISI & ICH ist alles andere als ein angestaubter Kostümfilm. Frauke Finsterwalder („Finsterworld“) erzählt von den letzten Lebensjahren der berühmten historischen Persönlichkeit aus einer dezidiert feministischen Perspektive. Männer? Für Irma nur „Tischtücher“, haarig – und Triebtäter, wenn sich Franz Joseph I. seiner Gattin bei einer ihrer wenigen Wien-Aufenthalte aufzwingt. Nur durch den Zusammenhalt der lebenslustigen Frauen in einer angedeuteten homoerotischen Beziehung kann dem Patriarchat getrotzt werden – eine moderne Botschaft, die sich in Form aktueller Pop-Songs auch im Soundtrack wiederfindet, welcher gar einmal über eine Liedzeile in einen Dialog in die Diegese der Historienwelt hineinragt.

Aufwändig ausgestattet, angereichert mit pittoresken Landschaftsaufnahmen und temporeich inszeniert, brillieren auch die beiden Hauptdarstellerinnen. Sandra Hüller („Toni Erdmann“) ist sich (besonders anfangs) auch für plumpen Humor fernab jeder Etikette nicht zu schade, Susanne Wolff („Styx“) gibt ihre Sissi als durchtriebenes Biest, welches ihre Gunst launenhaft neu verteilt. Frauke Finsterwalder gewinnt damit abseits von großem Pomp der bisher eher glorifizierend dargestellten österreichischen Kaiserin neue Facetten ab.

Die Dreharbeiten zu SISI & ICH fanden unter anderem auf Malta, Wien und der Schweiz statt. Wer dazu mehr erfahren möchte, sollte mein Interview mit Sandra Hüller lesen. Denn die Blu-Ray von DCM hält als mickriges Extra nur einen Trailer bereit.

LUTZ GRANERT

Titel: SISI & ICH
Label: DCM
Land/Jahr: Deutschland 2023
FSK & Laufzeit: ab 12, ca. 132 Min.
Verkaufsstart: veröffentlicht

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DIE GOLDENE STADT - Der Filmklassiker erstmals uncut!

Veit Harlan war als Filmemacher im Dritten Reich ebenso berühmt wie berüchtigt. Mit „Jud Süß“ (1940) legte er zur Freude von Reichspropagandaminister Joseph Goebbels einen der widerlichsten antisemitischen Hetzfilme überhaupt vor; das Kriegsepos „Kolberg“ (1945) um die Belagerung der gleichnamigen Stadt durch die Franzosen sollte trotz unabwendbarer Weltkriegsniederlage zum Durchhalten animieren. Weniger bekannt ist sein Melodram DIE GOLDENE STADT (1942), gedreht in Agfacolor, der zweite deutsche Spielfilm in Farbe, welcher angereichert mit Blut-und-Boden-Ideologie eine tragisch verlaufende Vater-Tochter-Geschichte erzählt.

Nachdem sich ihre von einem freieren Leben träumende Mutter vor vielen Jahren im nahen Moor umgebracht hat, hat Bauer Melchior Jobst (Eugen Klöpfer) seine Tochter Anna (Kristina Söderbaum, mit Harlan viele Jahre verheiratet) umso strenger erzogen. Doch Anna träumt davon, einmal nach Prag zu reisen – und nutzt die Abwesenheit des Patriarchen für ihren Ausflug. In der „goldenen Stadt“ angekommen, ist sie zunächst von historischen Bauten und Tanztheater überwältigt. Aus Tagen werden auch durch den unglückseligen Kontakt mit ihrem unsteten Vetter Toni (Kurt Meisel) Monate – und die inzwischen ein gut gehütetes Geheimnis tragende Anna entfremdet sich immer mehr von ihrem Vater… 



Es ist der Friedrich-Wilhelm-Murnau-Stiftung in Wiesbaden zu verdanken, dass die ungeschnittene, Original-Kinofassung von DIE GOLDENE STADT seit 2022 digital restauriert und in bestmöglicher Qualität vorliegt. Sowoh diese als auch eine nach 1945 neu veröffentlichte zensierte Fassung sind auf der Bluray-Veröffentlichung von Black Hill Pictures enthalten, die auch darüber hinaus mustergültig ausgestattet ist. Als Bonusmaterial sind ein 28-minütiger Video-Essay vom (in Boni von Klassikern derzeit gefühlt allgegenwärtigen) Prof. Dr. Marcus Stiglegger zu den Karrieren der Filmbeteiligten, den Look von Harlans Filmen und der historischen Einordnung des Films enthalten sowie das ursprüngliche, tonal positivere Ende, welches nach Einwänden von Goebbels‘ für die Kinopremiere neu gedreht werden musste. Für filmhistorisch interessierte Cineasten ein Pflichtkauf!

LUTZ GRANERT

Titel: DIE GOLDENE STADT
Label: Black Hill Pictures
Land/Jahr: Deutschland 1942
FSK & Laufzeit: ab 16, ca. 109 Min.
Verkaufsstart: veröffentlicht    

Prag, nationalsozialismus, goebbels, veit harlan

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