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Eine Tragödie im Tal der Nibelungen

Strahlende Helden, actionreiche Kampfszenen und bekannte Klischees? HAGEN – IM TAL DER NIBELUNGEN wirft alles über Bord und beweist den Mut, eine bekannte Geschichte aus einer anderen, bodenständigeren Perspektive zu erzählen. 

Vor langer Zeit lebte ein mutiger Kämpfer namens Siegfried. Er war mit großer Kampfkraft, Geschick und Mut gesegnet. Eines Tages führte ihn seine Reise zu einem Drachen, den er tötete und dadurch als legendärer Drachentöter bekannt werden sollte. Nach dem Kampf badete Siegfried im Blut des Drachen, das ihn unverwundbar machte. Lediglich eine kleine Stelle zwischen den Schulterblättern, auf der ein Lindenblatt klebte, wurde nicht geschützt und später seine einzig verwundbare Stelle. 

Dies ist nur ein kleiner Auszug aus der Legende von Siegfried dem Drachentöter. Seine Figur ist im Nibelungenlied, in der Edda sowie in vielen anderen nordischen Sagen sehr präsent. Kein Wunder also, dass seine Figur bereits viele Musiker, Historiker und Filmemacher inspiriert hat. Aber auch Buchautoren lassen sich gerne von seinen Geschichten inspirieren; so kam es dazu, dass Wolfgang Hohlbein (Autor von Büchern wie „Der Greif“, „Märchenmond“ und einer Vielzahl von Bestsellern) sich ebenfalls die Geschichte zur Brust genommen hat, um sie jedoch aus einem anderen Blickwinkel zu erzählen. Dieses Buch bildet die Grundlage des Films, bei dem eine deutsche Produktion sich nicht mit Hollywood messen, sondern eine eigene Geschichte erzählen will.

Der Burgunder Waffenmeister Hagen von Tronje hält mit Pflichtbewusstsein und eiserner Härte das von Krisen geschüttelte Königreich zusammen. Dabei unterdrückt er die heimliche Liebe zur Königstochter Kriemhild und verdrängt seine eigene dunkle Vergangenheit. Als der berühmte Drachentöter Siegfried von Xanten in Worms auftaucht und mit seiner Unberechenbarkeit die alten Strukturen gefährdet, wird Hagen zunehmend zur tragischen Figur. Der junge und durch den plötzlichen Tod seines Vaters noch unerfahrene König Gunter sieht in Siegfried eine Chance, das Reich zu retten. Er bittet ihn um Hilfe, ausgerechnet die gefährliche Walküre Brunhild zur Frau zu nehmen. Als sich Kriemhild in Hagens Widersacher Siegfried verliebt, muss er sich zwischen Liebe und Königstreue entscheiden. Hagen von Tronje wird dabei herausfinden, wer er wirklich ist.

Die Ausgangslage ist verzwickt und wird im Laufe der Handlung nicht gerade einfacher. Als Zuschauer hat man sehr oft jene Momente, in denen man mitfiebert und nicht in der Haut der Hauptdarsteller stecken möchte. Der Film besticht in erster Linie durch seine ruhige Erzählweise. Die Geschichte wird sehr bodenständig inszeniert und nicht durch bombastische Spezialeffekte verschleiert. Stattdessen setzt man auf authentische Kostüme, sehr gut eingesetzte Kamerafahrten (besonders bei den Landschaftsaufnahmen) und der Schauspielkunst. Dabei lernt man Siegfried einerseits schnell zu hassen, da er überall nur Konflikte verursacht. Es stellt sich jedoch heraus, dass hinter der arroganten Schale ein recht zerbrechlicher Kern steckt, der von seinen Gefühlen dominiert wird. 

Hagen ist das komplette Gegenteil; ruhig, rational und eiskalt berechnend. Allerdings geht dies zulasten seiner wahren Liebe, was seine Aufgabe am Hof nicht gerade einfacher macht. Gerade das angespannte Verhältnis am Königshof wird hier sehr gut inszeniert. Gleichzeitig legt der Film besonders großen Wert darauf, die Geschichte zu erzählen und auch einmal in den anderen Kontext zu bringen. So scheut man sich auch nicht davor, epische Actionszenen bodenständig zu verpacken und nicht unnötig in die Länge zu ziehen. Dadurch bleibt die Geschichte im Fokus und die Fantasie des Zuschauers wird gleichzeitig getriggert, statt ein ausuferndes Schlachtgetümmel zu zelebrieren. 

Der Spagat zwischen historischem Charme und Fantasyfilm ist hier sehr gut gelungen; besonders der mystische Aspekt wird im Laufe der Handlung ausgearbeitet, ohne ins Klischee abzudriften. Vergleiche zu „Game Of Thrones“ oder „Der Herr der Ringe“ passen hier definitiv nicht, und das ist gut so. Der Film möchte eine eigene Geschichte erzählen, was ihm sehr gut gelingt und dem Zuschauer auch in den letzten Minuten noch die eine oder andere überraschende Gänsehaut beschert. Vielleicht nur ein Geheimtipp im riesigen Filmdschungel, aber definitiv das beste Beispiel dafür, dass man mit authentischen Produktionen mehr erreichen kann als durch überproduzierte Spezialeffekte. 

Sebastian Radu Groß 

PRODUKTINFO
Titel: HAGEN – IM TAL DER NIBELUNGEN
Land/Jahr: Deutschland 2024
Label: Constantin
FSK & Laufzeit: ab 12, ca. 145 Min.
Verkaufsstart: veröffentlicht

 

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