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Skandalfilm im Heimkino: SPARTA von Ulrich Seidl

Es gibt wohl kaum einen anderen deutschsprachigen Filmemacher, der die Hässlichkeiten im menschlichen Dasein in (semi-)dokumentarischer Ästhetik so schmuck- und schonungslos auslotet wie der Österreicher Ulrich Seidl („Paradies“-Triolgie). Wenn auf seiner Homepage zu SPARTA zu lesen ist, das Drama sei zusammen mit dem Nachfolger „Rimini“ zu verstehen als „Diptychon über die Unentrinnbarkeit der eigenen Vergangenheit und den Schmerz, sich selbst zu finden“, dann bekommt das Publikum eine vage Vorstellung davon, welch fordernde Erfahrung es erwartet.

Tatsächlich ist schon der Plot von SPARTA nur schwer erträglich. Ein ruhiger Österreicher namens Ewald (Georg Friedrich) geht in Rumänien freudlos seinem Alltag zwischen seinem Job im Kraftwerk und seiner eingeschlafenen Beziehung mit seiner Partnerin (Florentina Elena Pop) nach, bei der er keinen mehr hochbekommt. Vielmehr erregen ihn neuerdings kleine Jungen, deren Nähe er sucht. Er bricht mit seinem bisherigen Leben und eröffnet in einem kleinen Dorf eine Judo-Schule, in der er zunächst kostenlose Trainings, später Freizeitbeschäftigung für Kinder anbietet. Acht Jungen aus schwierigem Elternhaus besuchen das Areal täglich, welches der zunehmend auf Tuchfühlung gehende Ewald bald von Holzpalisaden einfasst und Sparta tauft. Doch im Dorf regt sich Widerstand und Misstrauen gegenüber Ewald…

SPARTA sorgte vor seiner geplanten Premiere auf dem Toronto Film Festival 2022 für einen handfesten Skandal. Die Kinder – allesamt Laiendarsteller – wurden zum Teil zu Nacktszenen oder Konsumieren von Alkohol genötigt und nicht darüber aufgeklärt, dass es bei den Berührungen des hier abermals ebenso spröde wie stark aufspielenden Georg Friedrich („Große Freiheit“) um Pädophilie gehe, recherchierte DER SPIEGEL (die englischsprachige Version des Artikels ist ohne Abo abrufbar). Das überschattete die abermalige Brillanz, mit der Ulrich Seidl (verantwortlich für Regie, Drehbuch und Produktion) hier ein schwieriges Thema seziert. Die alles andere als sympathische, aber sanftmütige Hauptfigur wird mit den brachialen Erziehungsmethoden auf dem rumänischen Hinterland rund um „männliche Härte“ konfrontiert – während Ewalds greiser und Nazilieder singender Vater (Hans-Michael Rehberg) im trotz farbenfroher Wandtapete trostlosen Pflegeheim vergeblich auf einen Besuch seines Sohns wartet. Und dabei stellt Seidl ohne zu moralisieren die Frage, was Liebe zwischen den Generationen eigentlich bedeuten kann.

SPARTA ist bei Ewalds immer stärkeren Annäherungsversuchen unangenehm, tut weh – und verweigert sich in den häufigen Totalen mit leichter Untersicht auch der Partei- oder Anteilnahme für seine Protagonisten. Auch deswegen ist es – dem Skandal zum Trotz – ein wichtiger Film, der bei good movies auf DVD und Blu-Ray vorliegt. Leider sind auf der Scheibe als Boni nur eine Handvoll Trailer enthalten – eigentlich schade, denn dieses harte Drama hätten ein paar Einblicke in seine Entstehung gut getan.

LUTZ GRANERT

Titel: SPARTA
Label: good movies (Neue Visionen)
Land/Jahr: D/A/F 2022
FSK & Laufzeit: ab 16, ca. 94 Min.
Verkaufsstart: veröffentlicht

Rumänien, Sparta, Pädophilie, georg friedrich, ulrich seidl

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Slasher-Klassiker in HD: SLUMBER PARTY MASSACRE

Die 18-Jährige Trish (Michele Michaels) hat sturmfrei, also veranstaltet sie mit ihren Freundinnen am Abend eine Pyjama-Party. Während Diane, Jackie und Kim der Einladung für einen lustigen Mädelsabend mit Alkohol und ein paar Joints nachkommen, sagt die neu nach Los Angeles gezogene Valery ab: Trish lästert nämlich über sie. Doch nicht nur wegen zwei notgeilen Mitschülern, die dem Mädchenquartett nachsteigen, gerät die Party turbulenter als gedacht. Der psychopathische Serienkiller Russ Thorn (Michael Villella) ist aus dem Gefängnis entkommen und trachtet mit seinem riesigen Bohrer den leicht bekleideten Teenagerinnen nach dem Leben…

SLUMBER PARTY MASSACRE wurde im Jahr 1982, also in der Hochphase der Teenie-Slasher-Welle veröffentlicht. In Sachen Spannungsaufbau kann er den hierzulande wesentlich bekannteren Genre-Vertretern „Freitag, der 13.“ (1980) und „A Nightmare on Elm Street“ (1984) nicht das Wasser reichen: dafür herrscht bei den zahlreichen Pseudo-Schockeffekten im Mittelteil einfach eine zu lange Durststrecke zwischen den mit deftigen Gewaltspitzen angereicherten Kills. Womit der lange Zeit in Deutschland wegen Gewaltverherrlichung beschlagnahmte, für eine bierselige Runde bestens geeignete Streifen von Regisseurin Amy Holden Jones hingegen punktet, ist – trotz vom Produzenten Roger Corman eingeforderten Nacktszenen – sein feministischer Ansatz. Das Drehbuch schrieb sie zusammen mit Rita Maw Brown, einer Aktivistin der lesbischen Frauenbewegung – und so ist es nicht verwunderlich, dass der absurd lange Bohrer ein phallisches Symbol darstellt, während die Jungfrauen natürlich nachvollziehbare Angst davor haben, von diesem penetriert zu werden. In dieser metaphorischen Lesart entpuppt sich das Finale als schmerzhafte Kastration.

Die vorliegende Limited Collector’s Edition von Lucky 7 präsentiert den Film ungeschnitten in einer Scanavobox mit einer Blu-Ray und DVD des Films, welche dieselben Boni aufweist wie eine wesentlich strenger limtierte Veröffentlichung von Shamrock Media (2022). Interessant ist die als Extra auch hier enthaltene 23-minütige Dokumentation „Sleepless Nights“, bei der 28 Jahre später die Beteiligten zu Wort kommen, jedoch allemal. Die aufstrebende Cutterin Amy Holden Jones steht zu ihrem Regiedebüt – womit sie sich gegen ein Mitwirken an Steven Spielbergs Meisterwerk „E.T. - Der Außerirdische“ (1982) entschied. Killer-Darsteller Michael Villella ist ohne wahnsinnigen Blick kaum wiederzuerkennen – und gibt zu, dass er sich bei seiner Method-Acting-Methode während des Drehs vom übrigen Cast separierte und seine Fortbewegung im Film einem Pfau nachempfand. Als physische Boni sind zudem – wie üblich in der Edition – ein Bierfilz mit dem Coverartwork und ein A4-Filmposter enthalten.

LUTZ GRANERT

Titel: SLUMBER PARTY MASSACRE (2-Disc Limited Collector's Edition)
Label: Lucky 7 Art Collection (Venal Virulent Video)
Land/Jahr: USA 1982
FSK & Laufzeit: ungeprüft, ca. 76 Min. (BluRay) / ca. 72 Min. (DVD)
Verkaufsstart: veröffentlicht

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Der T-1000 mit Demenz: TONE-DEAF auf DVD und Blu-Ray!

Olive (Amanda Crew) ist seit dem Suizid ihres Vaters in der Jugend eine Kratzbürste, die nach einem frechen Spruch ihren öden Job in einer Agentur verliert. Ihre in einer Hippie-Kommune lebende Mutter Crystal  (Kim Delaney) rät ihr, einmal richtig auszuspannen, also mietet die arbeitslose Olive eine abgelegene Villa an, wo sie Klavier spielen kann. Der Vermieter Harvey (Robert Patrick) hat mit einer zunehmenden Demenz zu kämpfen. Bevor er ganz vergesslich wird, will er unbedingt noch als letzte Lebenserfahrung einen Mord begehen. Also trachtet er Olive nach dem Leben – weil er als Boomer, der stets hart arbeitete, etwas gegen vermeintlich faule Millenials und Hipster aus Los Angeles hat...  

Angefangen beim Plot selbst gibt es bei der arg grell geratenen Horrorkomödie TONE-DEAF Vieles, was nicht so recht Sinn ergibt. In der Provinz geht etwa ein Serienkiller um, der es auf junge Frauen abgesehen hat. Der öffnet den bevorzugt in weißem Ganzkörperschlafanzug herumlaufenden Harvey allerdings dermaßen unbedarft die Apartment-Tür, dass er ihn mal eben niederstrecken kann. Noch haarsträubender sind jedoch die love interests von Lenore (zu wenig Standfestigkeit wegen zuviel Kokain) und Crystal (ein weichlicher Toyboy, der sich wegen positiver Schwingungen für die reife Frau interessiert). Und Klavierspielen tut Olive so schlecht, dass Harvey dabei von einem gruseligen Tagtraum heimgesucht wird. Über allem schwebt der oft auch in Monologen direkt in die Kamera gesprochene Generationenkonflikt, der dem Publikum so subtil wie Harveys Beil entgegensaust, wenn die vom LSD an der Pseudo-Tanke zugedröhnte Olive im Bett ein T-Shirt mit der Aufschrift „the struggle is real“ trägt. 

Das hirnrissige Skript von Regisseur Richard Bates Jr. („Excision“) hat es nicht so mit innerer Stimmigkeit oder Plausibilität. Dazu passt auch, dass der zum Zeitpunkt des Drehs gerade einmal 60 Jahre alte Robert Patrick (der den T-1000 in „Terminator 2“ oder Agent Doggett in „Akte X“ verkörperte) einen psychopathischen Demenzkranken verkörpert – auch wenn er das mit einem ordentlichen Schuss Wahnsinn im Gesicht immerhin sehr unterhaltsam tut. Kein Wunder also, dass der immerhin mit einer sehr kunstvollen Eröffnungsmontage (Schiebeblende!) und ein paar saftigen Gore-Einlagen aufwartende Streifen erst über vier Jahre nach seinem US-Start mit Lucky 7 einen deutschen Verleih und dieser für Olive eine schlimme, tussig kieksende Synchronstimme fand. Immerhin kann sich die Edition von TONE-DEAF durchaus sehen lassen: In einer Scanavo-Box sind DVD und Blu-Ray des Films versammelt, die als Bonus einen Trailer, einen Bierfilz mit dem Cover-Artwork und ein A4-Filmposter aufweisen.

LUTZ GRANERT

Titel: TONE-DEAF (2-Disc Limited Collector's Edition)
Label: Lucky 7 Art Collection (Venal Virulent Video)
Land/Jahr: USA 2019
FSK & Laufzeit: ungeprüft, ca. 87 Min. (BluRay) / ca. 44 Min. (DVD)
Verkaufsstart: veröffentlicht

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In Blu-Ray-DVD-Kombination erhältlich: WATCHERS II

Dean Koontz’ preisgekrönter Horror-Roman „Watchers“ (in Deutschland: „Brandzeichen“) erschien im Jahr 1987. Ein Jahr später erfolgte unter dem Originaltitel und mit dem damaligen Teeniestar Corey Haim („The Lost Boys“) schon die Adaption fürs Kino. Kein Wunder, denn die Story um ein ethisch fragwürdiges wissenschaftliches Experiment, bei dem mittels Genmanipulation hochentwickelte tierische Tötungsmaschinen gezüchtet werden, ist perfekter Genrestoff – sollte man zumindest meinen. Der Film sprang mit der literarischen Vorlage jedoch sehr frei um, die Kritiken waren eher durchwachsen – doch besonders die Umsätze auf dem Videomarkt machten ihn zum Erfolg.

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Neu im Heimkino: DARK WINDOWS – FENSTER ZUR FINSTERNIS

In Alex Herrons neuem Horrorfilm DARK WINDOWS – FENSTER ZUR FINSTERNIS vermischen sich tiefe Trauer und schauriger Schrecken zu einer beklemmenden Erzählung, die das Slasher-Genre neu definiert. Mit den aufstrebenden Talenten Annie Hamilton, Anna Bullard und Rory Alexander in den Hauptrollen ist dieser Film eine unheimliche Erkundung von Verlust, Rache und den dunklen Schatten, die sich über das menschliche Dasein legen.

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