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Mich schockiert, was an Wut und Hass schlummert.

Mit den beiden Formaten „SchleFaZ“ oder „Kalkofes Mattscheibe Rekalked“ auf Tele 5 hat sich Comedian Oliver Kalkofe ganz dem Trash in Film und (deutschem) Fernsehen verschrieben. Wir sprachen mit ihm über sein Mitwirken an SKY SHARKS, harte Drinks und deutsche Patrioten.

Du bist in SKY SHARKS in einer kleinen Nebenrolle als Nazi-Größe Hermann Göring zu sehen. Wie hast du von dem Filmprojekt erfahren?

Man hat mich konkret dafür angesprochen, da ich bereits zu einigen Leuten des Filmteams Kontakt hatte oder schon einmal bei „SchleFaZ“ mit ihnen zusammengearbeitet habe. Dann dachte ich: Das ist die einmalige Chance! „Der Untergang“ war schon gedreht, also was kann man sonst noch Großes in dieser Richtung machen? Dann natürlich SKY SHARKS, wenn es um Geschichten geht, die im Dritten Reich zumindest begonnen haben (schmunzelt).

Die Idee fand ich so wunderbar, großartig und bescheuert, dass es mir eine Ehre war, in welcher Form auch immer mitzuwirken – und ich habe sofort zugesagt.

Wie hast du dich auf die Rolle vorbereitet – und gab es vielleicht auch Berührungsängste?

Ich habe mir verfügbares Originalmaterial und Literatur angeschaut, die ich zu Hermann Göring finden konnte, weil ich bis dahin auch nicht mehr wusste als das, was über ihn im Geschichtsunterricht vermittelt wurde. Aber ich hatte keine Berührungsängste, nein. Seinen Chef Hitler habe ich ja auch schon in verschiedenen Varianten mein ganzes Leben über gespielt. Neben einem dokumentarischen Zugang finde ich eine überhöht-ironisierte Parodie auch eine der besten Möglichkeiten, wie man sich der Geschichte nähern kann. Denn damit gelingt es mir, die Leute zu sensibilisieren, sich Demagogen etwas genauer anzuschauen – und nicht auf sie reinzufallen. So hatte ich auch kein Problem damit, Hermann Göring zu spielen, sondern habe mich sehr darauf gefreut.

Ich finde deine Darstellung von Hermann Göring in SKY SHARKS tatsächlich nicht überzeichnet, sondern sehr authentisch …

Das sollte auch nicht so sein, mir ging es um eine seriöse, ernsthafte Darstellung, allerdings mit dem gebotenen ironischen Abstand. Der Film selbst ist aber natürlich ganz und gar nicht historisch belegt oder nach wahren Begebenheiten. Auch wenn man es vielleicht denkt (lacht).

Bild  © Steffen Jänicke

Was ist dir am Set von SKY SHARKS besonders in Erinnerung geblieben?

Ich war nur einen Tag am Set. Der Regisseur und alle Beteiligten waren sehr gut informiert über die historischen Hintergründe, wussten wahnsinnig viel über Göring und das Dritte Reich. Zum Teil wurde auch an historischen Plätzen gedreht. Die Atmosphäre am Set war eine Mischung aus professionellem Hollywood und – im positiven Sinne – sehr ambitioniertem Schülertheater. 

Das war eine Mischung wie bei guten „SchleFaZ“-Beiträgen: Die fehlenden großen finanziellen Mittel wurden mit Herzblut und Leidenschaft sowie großem Improvisationstalent – gerade bei den Kostümen oder Effekten – wieder wettgemacht. Es hat wahnsinnig Spaß gemacht, das zu sehen.

Du hast die „SchleFaz“-Reihe bereits erwähnt. Hast du von den zahlreichen Beiträgen, die du hier im Laufe der Jahre vorgestellt hast, einen persönlichen Favoriten?

Filme sind immer subjektiv. Was der eine seinen Lieblingsfilm nennt, findet jemand anderes scheiße. „Schlechteste Filme aller Zeiten“ ist ein Titel – und wir nehmen hierfür Filme, die auf die eine oder andere Art misslungen, ge- scheitert oder so bizarr sind, dass sie in kein anderes Mainstream-Format passen. „Hentai Kamen“ war so ein Fall – eine sehr, sehr gute Parodie auf „Spider-Man“ und Superheldenfilme an sich, technisch gut gemacht und gesäumt mit einigen guten Gags. Beide Teile mochte ich total – und wollte sie deswegen zunächst mit der Begründung „Ist zu gut!“ nicht nehmen. Als er uns aber nochmals angeboten wurde, dachten wir uns: Der macht Spaß, ist bescheuert und so absurd, dass er nirgendwo anders laufen wird, also bringen wir ihn.

Aber es ist selten, dass ich einen Film in dem Format richtig gut finde – wobei es sehr viele gibt, die ich mal richtig gut fand. „Invasion aus dem Inneren der Erde“ habe ich mit elf Jahren in Peine im Kino gesehen. Ich erinnere mich daran, dass es Standing Ovations gab, denn alle Kinder waren begeistert: Monster und Kung-Fu – das war eine Mischung, die man noch nicht gesehen hatte und die uns von den Sitzen geblasen hat zu dieser Zeit. Dann gucke ich mir den wieder an und denke mir: „Das kann doch nicht wahr sein, den kannst du doch auch als Kind nicht toll gefunden haben!“ Der Streifen hat Charme und Klasse, und ich kann immer noch verstehen, wie man daran Spaß haben kann – aber es ist, wie ich inzwischen erkenne, auch technisch kein guter Film. Wir machen uns über sie nicht nur lustig, sondern wir umarmen, ehren und feiern schlechte Filme ja auch mit Humor – eine Ehre, die ihnen vermutlich nie wieder zuteilwird.

Wie kann man sich die Arbeit von Peter Rütten und dir an einer „SchleFaZ“-Sendung vorstellen?

Das hat sich erst entwickelt. Wir können aufeinander vertrauen: Wenn der eine etwas schreibt, dann gefällt das dem anderen. Jeder übernimmt einen Film und schreibt dann das komplette Buch dazu. Das kann man sich wie ein langes Sitcom-Drehbuch vorstellen, mit etwa 45 Minuten Sprach- und Dialoganteilen von uns, das wir uns vorab gegenseitig schicken und einmal lesen, wenn wir es zeitlich schaffen. Bei einer Probe lesen wir jeweils noch einmal unsere Gesprächsanteile, dann proben wir noch einmal am Set – und dann wird aufgezeichnet. Das heißt: Die Dialoge sind vorgeschrieben, aber wir sind hier frei, spontan noch etwas dazuzupacken, dem Ganzen damit einen neuen Spin zu geben, oder etwas wegzulassen.

Wie verhält es sich mit den zugehörigen Cocktail-Rezepten?

Jeder, der das Buch schreibt, denkt sich auch einen zum Film passenden, schön bescheuerten Namen und die Beschreibung aus, was der Cocktail mit dem Zuschauer „anrichten“ soll. Ein professioneller Barmixer entwickelt dann danach einen Cocktail. Was dabei herauskommt, wissen wir selbst nicht – und ich habe die meisten Kreationen auch nicht selbst probiert. Das habe ich jedoch bei einer professionellen Cocktailverkostung einmal nachgeholt, und ich muss sagen: Die meisten sind geschmacklich ziemlich geil! Zum Geburtstag habe ich ein Cocktailmixer-Set bekommen – und habe mir fest vorgenommen, die Cocktail-Rezepte für die Adventsstaffel zu Hause zu probieren.

Du hast dich zuletzt bei „Kalkofes Mattscheibe Rekalked“ über Attila Hildmann lustig gemacht – und ein Shitstorm gegen dich brach los. Passiert dir das häufiger?

Ich habe in meinem Leben viele heftige Reaktionen erfahren. Bis vor zehn Jahren hielt sich das jedoch mangels Social Media in Grenzen. Früher waren Talkshows und generell auch Fernsehen reine Unterhaltung – das hat sich zunehmend in eine gesellschaftspolitische Richtung entwickelt, weswegen ich auch häufiger politische Persönlichkeiten spiele als früher. Sobald ich heute etwas mache, was sich in irgendeiner Form mit dem rechten Spektrum befasst, kann ich die Uhr danach stellen, wann und wie heftig der Shitstorm beginnt. Ich habe Angela Merkel gespielt, Sigmar Gabriel, Politiker aus allen Parteien: Nirgends gab es hier große Reaktionen. Sobald ich was zu AfD, Trump oder aktuell Verschwörungstheorien mache, geht eine regelrechte Lawine an Beschimpfungen los, die unglaublich ist. Mich schockiert es immer, zu sehen, was in unserer Gesellschaft an Wut und Hass schlummert, die rausmüssen.

Wie gehst du mit solchen Reaktionen um?

An mir perlt das größtenteils ab, weil ich das als Lob oder Bestätigung sehe, genau die Richtigen getroffen zu haben. Je mehr sie durchdrehen, desto mehr muss ich darüber lachen – gerade bei der Orthografie und Grammatik der Kommentare, die für mich immer ein großer „Quell der Freude“ sind.

Das ist schon etwas erbärmlich: Die größten Patrioten, deren Herz für Deutschland schlägt, haben nie gelernt, richtig zu schreiben oder einen klaren Satz zu äußern. Da denke ich mir immer: Wenn ihr Deutschland so liebt, dann fangt doch mal mit der deutschen Sprache an. Ich kann aber absolut verstehen, wenn Andere, die nicht darauf eingestellt sind, daran auch zerbrechen und kaputtgehen.

Noch mal zurück zu SKY SHARKS: Als miesepetriger Hermann Göring spritzt du dir in einer deiner Szenen ein Serum, das dich sofort aufheitert. Was tust du privat, um deinen Humor nicht zu verlieren?

Ich nehme keine Drogen und begnüge mich mit fressen und saufen. Ich schreibe meine Texte bevorzugt abends und nachts und werde wie ein halber Vampir umso kreativer, je später es wird. Dann trinke ich auch mal einen Wein oder einen guten Gin, vielleicht auch einen Espresso. Das reicht mir aus.

Das Interview führte LUTZ GRANERT

Interview

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