Zum Hauptinhalt springen

Schachmatt für die Sowjetunion

Spröde und etwas angestaubt: GEFÄHRLICHE ZÜGE – DUELL OHNE GNADE lässt leider nur sporadisch die Faszination für das Spiel spürbar werden.

Zwei Systeme und zwei Partien des Kalten Kriegs standen sich im Jahr 1972 bei der Schachweltmeisterschaft in Island gegenüber. Das Duell vom amtierenden sowjetischen Weltmeister Boris Spasski, der als sensibel galt, und seinem eingebildeten us-amerikanischen Herausforderer Bobby Fischer ging auch durch seine zuweilen dramatischen 21 Partien als „Match des Jahrhunderts“ in die Geschichte ein. Begleitet wurden sie von einem gegenseitigen Auf-sich-warten-Lassen beider Gegner.

Von diesem und dem Duell zwischen dem ins kapitalistische Ausland übergelaufenen Viktor Kortschnoi und dem regimetreuen Anatoli Karpow bei der Weltmeisterschaft 1978 inspiriert, spitzte der französische Filmemacher Richard Dembo in seinem Thriller GEFÄHRLICHE ZÜGE – DUELL OHNE GNADE die politischen Fronten noch weiter zu. Bei der Schachweltmeisterschaft in der Schweiz treten hier der linientreue Russe Akiva Liebskind (Michel Piccoli) und der ungleich jüngere in Litauen lebende Systemkritiker Pavius Fromm (Alexandre Arbatt) gegeneinander an. Die Stimmung ist aufgeheizt: Der paranoide Fromm fühlt sich vom russischen Geheimdienst abgehört und beobachtet, Liebskind wiederum hat zunehmend mit seinen Herzproblemen zu kämpfen – und über allem steht auch die politische Bedeutung des Duells...



Wer wirklich etwas über Angriffs- oder Verteidigungsstrategien im Spiel lernen möchte, kommt hier nicht so recht auf seine Kosten. Vielmehr dominieren in GEFÄHRLICHE ZÜGE – DUELL OHNE GNADE die psychologischen Tricks abseits des Bretts: (Vermeintliche) KGB-Hypnotiseure mit weit aufgerissenen Augen oder indische Gurus im Publikum, Fromms konsequente Verweigerung des Handschlags oder sein Diebstahls des Füllfederhalters seines Gegners sollen verunsichern. Dabei ist der 1985 immerhin mit dem Oscar für den besten nicht-englischsprachigen Film ausgezeichnete Thriller schlecht gealtert: Die beiden vom Spiel regelrecht besessenen Hauptfiguren wirken reichlich schroff und in ihrem divenhaften Verhalten um Lichtsetzung und Schwere der Figuren unsympathisch, die zahlreichen Szenen rund um die Analyse des gegnerischen Spiels sind trocken und unterkühlt.

Das leicht matschige Bild stammt weist einige Verschmutzungen und ein Grundrauschen auf. Immerhin ist als Bonusmaterial ein 15-minütiger Fernsehbericht aus dem Jahr 1992 über die Walk-of-Fame-Ehrung von Produzent Arthur Cohn durch Hollywoods Bürgermeister Johnny Grant auf der Scheibe enthalten, die einer seltenen Veröffentlichung aus dem Jahr 2003 inhaltlich gleicht.

LUTZ GRANERT

Titel: GEFÄHRLICHE ZÜGE – DUELL OHNE GNADE
Label: Pidax
Land/Jahr: Schweiz/Frankreich 1984
FSK & Laufzeit: ab 12, ca. 94 Min.
Verkaufsstart: veröffentlicht

Schach, gefährliche züge, oscars, pidax

  • Erstellt am .