Spielberg lässt uns wieder zittern
Am 5. August kehrt Steven Spielbergs legendärer Tierhorrorhit DER WEISSE HAI zum 50-jährigen Jubiläum noch einmal ins Kino zurück – und das ist eine Einladung, die man nicht ausschlagen sollte. Kaum ein anderer Film hat das Blockbuster-Kino so nachhaltig geprägt und gleichzeitig bewiesen, dass selbst eine eher schlicht gestrickte Geschichte durch Regiekunst und Atmosphäre zu einem Meisterwerk reifen kann.
Was heute wie eine kalkulierte Erfolgsformel wirkt, war damals beinahe ein Zufallsprodukt. Spielberg wollte den Film nach Vertragsunterzeichnung eigentlich gar nicht mehr drehen, das Drehbuch hielt er für zu schwach, und Universal ließ ihn trotzdem nicht aus dem Vertrag. Also schrieb Spielberg gemeinsam mit Carl Gottlieb viele Szenen spontan – oft in der Nacht vor dem Dreh. Dass aus diesem kreativen Chaos ein Kultfilm entstand, ist eines jener Mysterien der Filmgeschichte, die man wohl nie ganz entwirren wird.
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Und doch: Schon in der ersten Hälfte entfaltet Spielberg eine Meisterleistung in Spannung. Er zeigt uns kaum etwas, lässt uns mit Roy Scheiders stoischem Martin Brody im Dunkeln tappen und verwandelt die scheinbar friedliche Kleinstadt Amity in einen Ort unbehaglicher Bedrohung. Die Kombination aus präzisen Kamerafahrten, nervenaufreibendem Schnitt und John Williams’ ikonischem Score, der sich wie ein musikalischer Herzschlag ins Gedächtnis brennt, ist pure Regiekunst.

Allerdings, und das ist die ironische Tragik des Films: Je mehr man vom Hai sieht, desto weniger funktioniert die Illusion. Die zweite Hälfte auf dem Boot ist logische Konsequenz, aber erzählerisch ein Rückschritt. Aus dem unsichtbaren, mythischen Schrecken wird ein relativ gewöhnliches Monster. Der Thriller mutiert zum Abenteuerfilm, und ein Teil der beklemmenden Magie verpufft.
Trotzdem bleibt DER WEISSE HAI einer der einflussreichsten Filme aller Zeiten – und ein Paradebeispiel dafür, wie Spielberg mit Timing, Inszenierung und psychologischer Spannung Kinogeschichte schrieb. Vielleicht ist es gerade diese Mischung aus Improvisation und Genialität, die den Film auch nach 50 Jahren frisch wirken lässt.
Also: Zurück ins Kino – und sich noch einmal daran erinnern, wie ein simpleres Kino unsere Angst vor dem, was unter der Oberfläche lauert, neu definierte.
FLORIAN TRITSCH
Label: Universal Pictures
Land/Jahr: USA / 1975
FSK & Laufzeit: ab 16, ca. 124 Min.
Kinostart: 05. August 2025
Bilder © 1975 Universal Pictures
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