
Sie lieben sich in Exstase
Mit analogem Filmmaterial gedreht, ist LIES – LUST UND LÜGEN ein sadistisch-erotisches Kleinod aus Fernost. Zwischen Kunst und Grenzüberschreitung hat die Busch Media Group die Eier in der Hose, diesen Film hierzulande im Heimkino zu veröffentlichen.
Den Skandal-Film-Stempel aufgedrückt zu bekommen, liegt nicht nur am Geschmack des Betrachters, sondern auch am Kulturkreis. In Südkorea zum Beispiel gilt ein 18-Jähriger als minderjährig. Das liegt an der Zählweise: Zur Geburt ist man in diesem Land nicht Null, sondern schon ein Jahr alt. Und im Jahr, in dem man 19 (also volljährig wird) wird, feiert man jährlich am dritten Montag im Mai die Volljährigkeit (Seongnyeonui Nal). Das sollte man wissen, wenn man den Erotikthriller LIES – LUST UND LÜGEN sieht. Denn darin wird nicht abschließend klar, ob die Hauptprotagonistin volljährig ist oder nicht. Andeutungsweise und vermittelt durch kurze TV-Schnipsel, vollzieht sich ein Paradigmenwechsel innerhalb der südkoreanischen Gesellschaft.
Gelogen wird zwar innerhalb der Liebesbeziehung der mehr oder weniger noch minderjährigen Oberstufenschülerin Y mit dem 38-jährigen Bildhauer J nicht, aber nach außen hin versuchen die beiden so unauffällig wie möglich ihre Beziehung zu führen. Man trifft sich an wechselnden Orten, um sexuell ausschweifend zu leben. Denn die jungfräuliche Schülerin wird schon beim zweiten Treffen an sado-masochistische Praktiken herangeführt.
Ihrer besten Freundin erzählt sie detailliert ihre Abenteuer: Analsex, Telefonsex, Oralsex und luststeigernde Gewaltakte. Allerdings schwebt stets das Machtgefälle zwischen dem verheirateten Älteren und der halb so jungen Frau mit, wird aber schon bald ins Gegenteil verkehrt. Y, die mittlerweile Studentin ist, beginnt in der Beziehung abzustumpfen, ja zu leiden. Und darum darf sie auch mal ran, gewissermaßen den Spieß herumzudrehen. Sie schwingt frische Äste, lässt sie auf seinen Allerwertesten hernieder sausen. Das tut schon beim Hingucken weh, gefällt aber J zusehends. Man wundert sich nicht, dass das den gefestigten Mann allmählich aus der Bahn wirft, besser noch in absolute Abhängigkeit von ihr treiben. Kann der Exzess gut gehen?
Der bereits 1999 verfilmte Roman, der das klassische Lolita-Motiv in einem anderen kulturellen Kontext aufgreift, hatte bereits einen sehr limitierten, deutschen Kinoeinsatz im Jahr 2002 hinter sich, verschwand aber schnell wieder. Einem breiteren Publikum wird nun mit digitalen Veröffentlichungen und einem limitierten Mediabook der Film zugänglich.
MARCUS CISLAK

Land/Jahr: Südkorea 1999
Label: Busch Media
FSK & Laufzeit: 107 Minuten
Verkaufsstart: Mai 2025
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