
Alp(en)traumhafte Abgründe
Der rätselhafte Horrorthriller CUCKOO liegt im Verleih von Weltkino nun auf DVD und Blu-ray vor.
Mit seinem auf 16 mm gedrehten Debütwerk „Luz“ (2018) eiferte Tilman Singer grobkörnig mit Gespür für Spannung und Stil noch den großen Klassikern des italienischen Giallo nach. Mit zunehmender Laufzeit erinnert das Nachfolgeprojekt CUCKOO immer mehr an die abgründigen, mit sexuellen Perversionen aufgeladenen Werke von David Cronenberg aus den 80er Jahren. In diesem Jahrzehnt scheint auch der Film selbst gefangen zu sein: Die Autos und auch die Retro-Interieurs mit Schnurtelefonen und Holzvertäfelungen eines „Alpschatten“ genannten Resorts scheinen ebenso merkwürdig aus der Zeit gefallen wie die farbenfrohen Bilder der deutsch-amerikanischen Co-Produktion, die auf 35 mm-Filmmaterial gedreht wurde.
In eine idyllische Berglandschaft verschlägt es den Architekten Luis mit zweiter Frau, 17-jähriger Tochter Gretchen (Hunter Schafer) und deren Halbschwester Alma (Mila Lieu). Luis soll für Herrn König (Dan Stevens) einen Erweiterungsbau des Resorts entwerfen und solange in einem Bungalow vor Ort wohnen. Die schnell gelangweilte Gretchen fühlt sich alsbald von einer blonden Frau verfolgt – und mit dem Auftraggeber ihres Vaters und einem nahe des Resorts gelegenen Krankenhaus, in das Gretchen nach einem (imaginierten?) lesbischen Intermezzo und Autounfall eingeliefert wird, scheint etwas ganz und gar nicht zu stimmen...
Nahaufnahmen pulsierender Venen, Traumsequenzen, Zeitschleifen und sich reichlich merkwürdig aufführende Gestalten: CUCKOO quillt förmlich über vor zwar originellen, aber auch reichlich unheilschwangeren Versatzstücken eines astreinen Horrorfilms. Nur leider entpuppt sich das vordergründig stimmige und schräge Grusel-Szenario mit absurden genetischen Experimenten im letzten Drittel als reichlich trashig.
Das Bonusmaterial auf der vorliegenden Blu-ray liegt komplett in Englisch ohne Untertitel vor. Darunter ein 10-minütiges Interview mit Hauptdarstellerin Hunter Schafer, die sich recht schwer damit tut, CUCKOO in Schubladen zu stecken: Horror, Action und – wegen ihres dauerhaften Herumlaufens mit einem Messer – „James Bond“-Anklänge habe der Film und Regisseur Tilman Prüfer sei eine „echte Punk-Seele“. Ein 4-minütiges Feature, in der sich Schafer und Dan Stevens an den Dreh erinnern und sich gegenseitig zeichnen, hat leider ebensowenig Mehrwert wie drei Mini-Behind-the-Scenes im 1:1-Format und mit künstlichem VHS-Bildrauschen, bei der Schafer ein paar Sätze in die Kamera spricht. Wie im Film triumphiert auch bei den Extras zuweilen der Stil über den Inhalt.
LUTZ GRANERT
Titel: CUCKOO
Label: Weltkino
Land/Jahr: D/USA 2024
FSK & Laufzeit: ab 16, ca. 102 Min.
Verkaufsstart: veröffentlicht
david cronenberg, cuckoo, horror
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