Ein Tanuki auf der Suche nach Menschlichkeit
MY MASTER HAS NO TAIL ist ein Manga des Künstler-Ensembles TNSK und erschien zwischen Januar 2019 und Januar 2024 beim japanischen Verlag Kodansha. Die Geschichte um die quirlige Tanuki Mameda ist in 12 Bänden abgeschlossen. Der Anime erzählt in 13 Episoden die Anfänge dieser Geschichte.
Ein Tanuki auf der Suche nach Menschlichkeit.
Tanuki spielen Menschen allzu gerne Streiche – die noch junge Mameda ist keine Ausnahme. Allerdings stellt sie schnell fest, dass ihre Mätzchen in den großen Städten der Taisho-Zeit (1912–1926) kaum die erhofften Reaktionen hervorrufen. Gelächter, Schrecken oder vielleicht ein wenig Faszination – nichts davon schlägt ihr entgegen. Dabei will sie unbedingt ihre übernatürlichen Fesseln loswerden, und dazu braucht sie die nicht übernatürlichen Kreaturen namens Menschen.
Doch die Zeit hat eben jene Lebewesen mit feinen Sinnen ausgestattet, sodass viele ihre wahre Natur, die eines Schabernack treibenden Yokai, schnell durchschauen und einen großen Bogen um sie machen. Eine wunderschöne Frau reagiert besonders ablehnend und ungehobelt, sodass Mameda ihren Wunsch schon begraben will – bis sie erfährt, dass die natürliche Schönheit ebenfalls übernatürlichen Ursprungs ist. Bunko ist eine Rakugo-Erzählerin, die mehr als ihre engelsgleiche Stimme nicht braucht, um Menschen mit ihren Geschichten zu betören und zu täuschen.
Mameda beschließt, Bunkos Schülerin zu werden, um zu verstehen, was es bedeutet, ein Mensch zu sein. Bunko jedoch hat kaum Begeisterung für die junge Tanuki und ihren Wunsch übrig.
Zurück in die Vergangenheit
Das für japanische Animationsstudios verhältnismäßig junge Liden Films wurde 2012 gegründet und kann auf eine beachtliche Anzahl fertiger Animes zurückblicken. Beliebte Adaptionen wie „Tokyo Revengers“ oder „Berserk“ entspringen den Kreativtischen von Liden Films.
Mit historischen Komponenten und magischen Kreaturen, wie sie im neuesten Werk MY MASTER HAS NO TAIL reichlich vorkommen, hat Liden Films Erfahrung. Das Historiendrama „Saiyuki Reload: Zeroin“ sowie die filmische Umsetzung des Fantasy-Epos „Heroic Legend of Arslan“ stammen ebenfalls aus der Kreativwerkstatt.
Wie der Manga besticht der Anime durch seine detailverliebten Darstellungen der Zeitgeschichte. Beispielsweise reihen sich an die typisch japanischen Gebäude schleichend westliche Pendants. Gerade in der Großstadt Osaka, wo sich der Hauptteil von Mamedas Reise abspielt, ist die Veränderung der japanischen Architektur sichtbar.
Den unterschiedlichen Kleidungsstilen der Zeit, in der sich Tradition und westlicher Einfluss vermischen, wird ebenso Rechnung getragen wie den sich wandelnden Ansichten rund um gesellschaftliche Normen.
So war es zu der Zeit kaum üblich, dass Frauen öffentlich auftraten; weibliche Rakugo-Erzählerinnen sind eine Seltenheit. Nicht weniger schön anzusehen sind die aufwendig gestalteten Kimonos der beiden Hauptakteurinnen. Schon im Manga zeigt sich der Unterschied zwischen der etwas altmodischen Mameda und der modernen Bunko, die auf ihre weiblichen Reize setzt. Die vielfältigen, gut gewählten Farben der Kleidung verleihen dem Anime mehr Tiefe und geben einen Einblick in die Umbrüche der Ära.
Musikalisch gibt es Klänge von japanischer Koto und anderen traditionellen Instrumenten zu hören. Ein wenig altertümliches Japan darf hier nicht fehlen – vor allem, da gerade Mameda als Yokai eine Kreatur ist, die in Japan seit Urzeiten in Legenden und Sagen existiert. Moderne Instrumente sucht man daher vergeblich.
MY MASTER HAS NO TAILstellt schwierige Lebensfragen: Wohin geht das Leben? Was birgt die Zukunft? Wie passt man sich an neue Umstände in der Welt an? Fragen, die sich eher an ein älteres Publikum richten. Wer jedoch eine herzerwärmende und fantastische Reise mit einem Schuss Humor sucht, macht mit diesem Werk absolut nichts falsch.
LILI SCHMIRGAL
Originaltitel: うちの師匠はしっぽがない, Uchi no Shishō wa Shippo ga Nai)
Studio: Liden Films
Regie: Hideyo Yamamoto
Land/ Herstellungsjahr: Japan 2022
Laufzeit: 25 Minuten pro Episode
Verfügbar bei: Animation Digital Network (ADN)
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