Meg is back!
In Ben Wheatleys „Meg“-Fortsetzung sind die hungrigen Megalodons zurück. Und das nicht allein, denn diesmal haben sie noch zahlreiche andere prähistorische Prädatoren im Gepäck. Wer spaßigen Haifisch-Horror mag, wird MEG 2: DIE TIEFE lieben.
Es gab sie mal, die gute alte Zeit des Tierhorrors. Damals konnte noch „Der weiße Hai“, der etwas größer als gewöhnlich war, Angst und Schrecken im beschaulichen Küstenstädtchen Amity Island verbreiten. Doch ein bisschen größer als gewöhnlich reicht oft nicht mehr aus, um Fans von Flossenfisch-Filmen hinterm Ofen vorzulocken – heute braucht es schon etwas nocht Gewaltigeres. Am treffendsten formulierte diese Erkenntnis wohl Roland Emmerich 1998 mit seiner Werbekampagne zu „Godzilla“: Size Does Matter!
Eine naheliegende Wahl dafür ist zweifellos Carcharodon megalodon, oder kurz einfach Megalodon, die wohl größte bekannte Haiart der Erdgeschichte. Obwohl sie eigentlich seit ein paar Millionen Jahren als ausgestorben gelten, tauchen sie im Tierhorrorgenre immer dann auf, wenn ein einfacher weißer Hai nicht ausreicht, um Badegäste in Angst und Schrecken zu versetzen – zumeist in Form fürchterlicher Filmverbrechen von Studios wie The Asylum und Konsorten, wo man sich seit Jahren mit einer grottenschlechten Produktion nach der anderen um den Niedergang des Tierhorrors verdient macht.
Der 2018 erschienene „Meg“ hob sich angenehm von der Masse an Megalodon-Murksfilmen ab, was man allein an der Wahl von Jon Turteltaub für den Regiestuhl sehen konnte, dessen Filmografie erstklassige Produktionen wie „Cool Runnings“, “Während Du schliefst“ oder „Das Vermächtnis der Tempelritter“ aufweist. Der Film greift eine unter Kryptozoologen häufig vertretene These auf, dass der Riesenhai gar nicht ausgestorben ist und sich nur in die bislang unerforschten Tiefen des Ozeans zurückgezogen hat. In diesem Fall in den Marianengraben. Der Erste, der ihn sieht, ist Rettungstaucher Jonas Taylor, gespielt von Action-Superstar Jason Statham, der hier wie einst Polizeichef Martin Brody im Spielbergklassiker ungehört bleibt. Ein Fehler, der einmal mehr zahlreiche Badegäste das Leben kostete.
Der Film begeistert durch seine unterhaltsame Geschichte, den gut aufgelegten Cast und vor allem durch die erstklassigen Spezialeffekte, die hier einen glaubwürdigen Urzeithai präsentieren und erstklassige Unterwasserszenen zeigen. Die perfekten Zutaten für einen perfekten Sommerblockbuster, der an den Kinokassen das Vierfache seines auf 130 Millionen US-Dollar geschätzten Produktionsbudgets einspielen konnte – und da wundert es natürlich nicht, dass es eine Fortsetzung gibt, sondern eigentlich nur, dass wir ganze fünf Jahre darauf warten mussten.
Auch im Film sind fünf Jahre vergangen, seitdem Jonas Taylor und Ozeanologin Suyin Zhang den hungrigen Hai unschädlich machen konnten. Suyin ist mittlerweile verstorben, und Jonas hat zwei große Aufgaben zu bewältigen: Zum einen setzt er sich mit seinen Ingenieursfreunden Mac und DJ für den Schutz der Meere ein, zum anderen muss er sich um die Erziehung der gemeinsamen Tochter Meiying (Shuya Sophia Cai) kümmern. Und auch Megalodons sind nichts extrem Besonderes mehr. So schwimmt in dem von Suyins Bruder Jiuming (Wu Jing) geleiteten Ozeaneum im südchinesischen Hainan beispielsweise der als Jungtier gefangene Haiqi fröhlich herum. Dummerweise bricht er aus und verschwindet im Meer.
Jetzt kann natürlich ausschließlich einer helfen: Jiumings Ex-Schwager Jonas und sein Team. Gemeinsam machen sie sich auf die Suche. Bald finden sie Haiqi in den Tiefen des Marianengrabens – und nicht nur ihn, sondern auch noch zahlreiche weitere Megalodons sowie eine geheime Forschungsstation und eine beachtliche Anzahl an anderen Urzeittieren, die Appetit auf frisches Menschenfleisch haben. Und genau die machen sich nun auf den Weg nach Fun Island, einem abgelegenen High-End-Resort, für Freunde verschiedener Wassersportarten – ein willkommenes Büfett …
Wie im ersten Teil schlüpft Action-Ikone Jason Statham auch in MEG 2: DIE TIEFEN in die Rolle des Rettungstauchers Jonas Taylor. Der britische Schauspieler, der gerade in „The Expendables 4“ zu sehen war, überzeugt einmal mehr mit unvergleichbarer Präsenz und Action-Kompetenz. Aber er ist nicht der einzige Rückkehrer. Auch Cliff Curtis und Page Kennedy sind erneut als Mac und DJ zu sehen und bekommen diesmal deutlich mehr Screentime, um ihre Charaktere voll auszuspielen.
Ein kleiner Wermutstropfen ist zweifellos die Abwesenheit von Li Bingbing, die aufgrund von Problemen mit den chinesischen Behörden nicht ausreisen durfte. Dafür wartet der Film mit einigen neuen Gesichtern in der Besetzung auf: Wu Jing, Sergio Peris-Mencheta, Skyler Samuels und Sienna Guillory bringen frischen Wind in die Handlung und versprechen spannende, frische Elemente.
Die erste große Veränderung ist sicherlich, dass statt Jon Turteltaub nun Ben Wheatley die Urzeit-Hai-Fortsetzung in Szene setzen darf. Der britische Filmemacher, der sich mit düster-komischen Thrillern wie „Kill List“ und „High-Rise“ einen Namen gemacht hat, hat in seinen Filmen bislang nicht gerade mit Blut gegeizt, daher überrascht es natürlich kaum, dass sein Sequel etwas bösartiger und schwarzhumoriger ausfällt als Teil eins.
Keine Frage, „Meg‟ ist kein bierernster Film, aber MEG 2: DIE TIEFEN erhöht den Spaßfaktor enorm und gibt dem Streifen einen deutlich lockereren Ton, was angesichts der absurden Prämisse eine erstklassige Entscheidung war. Und auch sonst erweist sich Wheatley als erstklassige Wahl für den Regieposten. Der Brite hat sichtliche Freude an der Materie. Er gibt dem Film einen herrlich respektlosen Anstrich und parodiert zahlreiche Genrefilme und Kultklassiker, allen voran „The Lost World“, und sorgt für einige wunderbar absurde Momente, wie etwa eine Szene, in der Jason Statham einen Urzeithai mit einem Hubschrauberflügel ersticht.
Aufgrund der angepeilten familienfreundlichen FSK12 hatte Wheatley logischerweise ein paar Einschränkungen in Sachen Brutalität, die der Regisseur jedoch kreativ umgeht. MEG 2: DIE TIEFEN bietet viele schöne Momente, in denen das Arsenal an Schurken und Nebenfiguren erfolgreich ausgedünnt wird, ohne das Gemetzel direkt zu zeigen.
Was MEG 2: DIE TIEFEN neben seinem namhaften Cast von der Vielzahl anderer Haifischfilme abhebt, ist ohne Frage das ordentliche Budget. Und das wurde zweifellos großartig genutzt, denn der Film ist ein visuelles Meisterwerk. Einen großen Teil daran hat Kameramann Haris Zambarloukos, dessen beeindruckende Arbeit aktuell in „A Haunting In Venice‟ bewundert werden kann. Zambarloukos gelingt es wunderbar, die natürliche Schönheit des Drehort Phuket in jeder Szene einzufangen, die in wunderbarem Kontrast zum stellenweisen grausigen Gesehen steht. Besonders bemerkenswert sind einmal mehr die Unterwasseraufnahmen, bei denen auf hochentwickelte Unterwasserkameras zurückgegriffen wurde, die zuvor bereits für die renommierte BBC-Dokumentationsreihe „Der blaue Planet‟ verwendet worden waren. Diese innovative Technologie ermöglicht die faszinierende Unterwasserwelt in all ihrer Pracht und Detailgenauigkeit zu erleben.
Ergänzt wird Zambarloukos Arbeit durch das erstklassige CGI. Das Team hinter den digitalen Effekten hat unermüdlich daran gearbeitet, eine glaubwürdige Welt zu erschaffen, die den Zuschauern den Atem raubt – mit spektakulären Actionsequenzen ebenso wie mit atemberaubenden Landschaftsaufnahmen.
Egal ob weißer Hai, Tigerhai oder Urzzeithai, jeder Flossenfisch-Film muss sich am Ende des Tages mit dem legendären Spielbergklassiker messen. Und natürlich ist das ein großer Schatten, aus dem auch MEG 2: DIE TIEFEN nicht vollkommen heraustreten kann, aber muss er ja auch nicht. Wer Spaß an unterhaltsamem Haifisch-Horror hat, macht hier definitiv nichts falsch.
Florian Tritsch
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