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Tesis

Tesis

Medienschelte par excellence

Die adrette Film-Studentin Ángela (Ana Torrent) schreibt ihre Diplomarbeit zum Thema „Gewalt in den Medien“ und bittet ihren betreuenden Professor, ihr möglichst krasses Material zur Sichtung zu besorgen. Nachdem der ältere Herr während der Sichtung eines Snuff-Videos (mit echtem Mord an einer gefesselten Studentin) an einem Herzinfarkt stirbt, nimmt Ángela das Tape an sich. Zusammen mit ihrem nerdigen Kommilitonen Chema (Fele Martínez) deckt sie einen Skandal an ihrer Hochschule auf – und erregt dabei die Aufmerksamkeit eines regelrechten Snuff-Film-Ringes…

Zugegeben: Die technischen Geräte in TESIS sind nicht mehr up to date. Durch die Videos, die über Röhrenfernseher flimmern, gelingt es Chema etwa, Rückschlüsse auf die Kamera zu schließen, mit der sie gedreht wurden. Doch das tut der ungebrochenen Aktualität von TESIS im Zeitalter von „Dschungelcamp“ und Enthauptungsvideos auf YouTube keinen Abbruch. Dass medialer Voyeurismus auch auf uns selbst zurückwirkt, zeigt sich in der ambivalenten Figur der Ángela. Obwohl sie vorgibt, sie zu verachten, ist sie auch auf eine perverse Art neugierig auf und fasziniert von den Tötungsdarstellungen, die sich der abgestumpfte Chema fast jeden Tag anschaut. Und wenn Ángelas neuer Professor Castro (Xabier Elorriaga), der optisch James Cameron ähnelt, immer wieder predigt, man müsse dem Publikum zeigen, was es sehen will, wird dem Zuschauer endgültig der Spiegel vorgehalten, der sich auch im Alltag voller Kameraüberwachung einem omnipräsenten Voyeurismus nicht entziehen kann. Doch der spanische Psychothriller von Alejandro Amenábar („The Others“, 2001) überzeugt nicht nur durch seinen gehaltvollen Subtext, der ungleich leichtfüßiger daherkommt als in Michael Hanekes Medienschelte „Funny Games“ (1997), sondern auch in Sachen Spannungsaufbau, so dass in den zwei Stunden Laufzeit stets ein beklemmendes Gefühl spürbar ist.

Die Extras der vorliegenden 4-Disc Limited Collector’s Edition von Wicked Vision Media sind üppig. Neben Amenabárs erstem Kurzfilm „Himenóptero“, der als Vorlage für TESIS diente, sind unter anderem ein Audiokommentar von Amenábar und von Filmwissenschaftler Prof. Dr. Marcus Stiglegger auf den Scheiben zu finden. Ein 24-seitiges Booklet sowie die Soundtrack-CD runden diese limitierte Veröffentlichung (444 Exemplare mit dem vorliegenden Cover C) ab.

LUTZ GRANERT

Titel: TESIS – 4-DISC LIMITED COLLECTOR’S EDITION
Label: Wicked Vision Media
Land/Jahr: Spanien 1996
FSK & Laufzeit: ab 16, ca. 124 Min. (Blu-ray) / ca. 120 Min. (DVD)
Verkaufsstart: veröffentlicht

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