Die Säuferinnen & die Säufer der Philosophie
Der Katapult Verlag macht so ziemlich alles neu und so ziemlich alles anders. Das vierteljährlich erscheinende „Katapult“-Magazin visualisiert wissenschaftliche Datensätze aus (Human-)Geographie und Sozialwissenschaften in Karten oder Infografiken aufgeräumt, frech und modern. Dieses Konzept wurde auch auf die Buch-Veröffentlichungen des Verlags übertragen. Mit DIE SÄUFERINNEN & DIE SÄUFER DER PHILOSOPHIE liegt nun eine (himbeer-)geistige Antwort auf Richard David Prechts Bestseller „Wer bin ich – und wenn ja, wie viele?“ vor, der es ebenfalls gelingt, leicht verständlich und doch ambitioniert in philosophische Theorien einzuführen von großen Denkern, die ihre Inspiration vor allem dem Rausch zu verdanken haben.
Saufen gehört nun mal zu unserer Kultur. Um 1500 – so ist in der Einführung zu lesen – soll jeder erwachsene Hamburger zweieinhalb Liter Bier täglich getrunken haben. Dass dies aber mit mangelnder Trinkwasserqualität einherging (Elbe-Wasser war dreckig und wurde zum Brauen aufbereitet), davon ist nichts zu lesen. Trotz solcher Ungenauigkeiten bietet der Band aber launige Unterhaltung in alltäglicher Sprache, in denen „Männerhasserin“ und Feministin Helene von Druskowitz schon mal zugeschrieben wird, dass sie Nietzsche „blöd“ findet. Wer diesen Namen noch nie gehört hat, sollte DIE SÄUFERINNEN & DIE SÄUFER DER PHILOSOPHIE definitiv lesen. Denn auch die Grundzüge im deutschsprachigen Raum unbekannter Denker wie vom „buddhistischen LSD-Priester“ Alan Watts oder Ayn Rand (kurz verdichtet: Egoismus und Kapitalismus nach dem Laissez-faire-Prinzip garantieren größtmögliche Freiheit) werden hier nachgezeichnet. Zahlreiche dreifarbige Infografiken wie zur Einführung des Frauenwahlrechts oder zum Heiratsalter im ausgehenden 18. Jahrhundert ergänzen die je etwa 20-seitigen philosophischen Crashkurse in leicht goutierbaren Essays. Schade nur, dass das eigene Konzept gegen Ende etwas – Achtung Wortwitz – verwässert wird: Sozialphilosophin Carolin Emcke, die es ebenfalls in diesen Band geschafft hat, weißt nämlich nur eine Vorliebe für Assam-Tee auf und Nietzsche hat sich nur an einem Genussmittel namens Richard Wagner berauscht.
LUTZ GRANERT
Titel: DIE SÄUFERINNEN & DIE SÄUFER DER PHILOSOPHIE (Band 1)
Autoren: Benjamin Fredrich, Alexander Fürniß et al.
Verlag: Katapult Verlag
Seiten: 248 Seiten
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