Hörbuch mit emotionaler Wucht

Michael Köhlmeier blickt zurück auf die 70er – und liefert mit DIE VERDORBENEN ein intensives Werk über Liebe, Abgründe und das, was zwischen den Zeilen lauert.

Der Österreicher ist seit den 1970er-Jahren als Autor und Sprecher an zahllosen Erfolgsproduktionen beteiligt, allen voran an „March Movie“, dem bis heute international erfolgreichsten Hörspiel des ORF. Und obwohl der Vorarlberger, Jahrgang 1949, längst zu den etablierten Größen zählt, arbeitet er unermüdlich weiter. Erst im vergangenen Jahr erschien „Das Philosophenschiff“, und nun legt Köhlmeier bereits nach: Die Verdorbenen, zeitgleich als Roman und Hörbuch veröffentlicht – letzteres, wie könnte es anders sein, von ihm selbst gelesen.

Die Handlung führt zurück in eben jene 70er-Jahre, in denen Köhlmeier selbst seine ersten Sporen verdiente. Im Mittelpunkt steht Johann, der zum Studium in die Stadt zieht und dort auf Christiane und Tommi trifft. Zwischen den dreien entwickelt sich rasch eine enge, beinahe symbiotische Beziehung. Gemeinsam erforschen sie die verschiedenen Erscheinungsformen der Liebe – und schon bald wird klar: Hier geht es nicht um eine einfache Ménage-à-trois, sondern um ein Drama, das tief in die Abgründe menschlicher Sehnsucht und Verletzlichkeit führt.

Wer Köhlmeiers Werk kennt, weiß, dass er große Themen immer mit erzählerischer Eleganz und psychologischer Schärfe verbindet. Auch Die Verdorbenen bleibt dieser Tradition treu: intensiv, fordernd, erschütternd. Dass der Autor selbst liest, verleiht dem Hörbuch zusätzliche Authentizität und Tiefe. Seine Stimme trägt das Werk mit jener Ruhe und Klarheit, die den Text nicht nur transportiert, sondern verstärkt.

Schon jetzt wird DIE VERDORBENEN als einer der Romane des Jahres gehandelt – und es ist leicht zu verstehen, warum. Köhlmeier gelingt es, persönliche Erinnerung, literarische Fiktion und emotionale Wucht zu einem Werk zu verweben, das lange nachhallt.

FLORIAN TRITSCH