Ein Frau als Sherlock Holmes

Mit dem ersten Teil der LADY-SHERLOCK-Reihe gelingt Sherry Thomas ein wunderbarer Auftakt.

Bei ihrer Familie in Ungnade gefallen, muss die junge Charlotte Holmes im Jahr 1886 ihre Heimat verlassen und versucht, sich allein in London durchzuschlagen. Als sie erfährt, dass eines ihrer Familienmitglieder Teil einer Mordermittlung wird, beginnt die detektivisch begabte Charlotte selbst nachzuforschen. Ihr Pseudonym: Sherlock Holmes. Die Autorin Sherry Thomas lehnt sich zwar im Titel an eine Geschichte des Originalkanons an, entwickelt durch ihre Idee des Geschlechtertauschs aber eine ganz eigene Erzählsprache, wenn auch dem Holmeskenner manche von Charlottes Begleitern und Gegnern durchaus vertraut vorkommen könnten.

Tiefe gewinnt die Story immer dann, wenn sich Charlotte gegen die strengen gesellschaftlichen Konventionen der damaligen Zeit wehren muss, während ihr Alter Ego Holmes scheinbar alle Freiheiten und Vorzüge genießt. Sherry Thomas entwirft im Lauf der Geschichte ein farbenfrohes und authentisches Bild der damaligen Zustände, bei dem glücklicherweise auch der mit leichten Mysteryelementen angereicherte Krimiplot nicht zu kurz kommt, der in seinen Ausprägungen auch in einen modernen Thriller gepasst hätte. 

Die Sprecherin Cornelia Dörr macht das Ganze durch ihr nuanciertes Spiel schließlich zu einem großen Hörvergnügen. Ein Tip für Holmesianer auf dem von Holmes-Pastiches ja geradezu überbordenden (Hör-)Buchmarkt.

MARKUS STENGELIN