DAS STIMMWUNDER HINTER JOHN SINCLAIR
Dietmar Wunder, 57, ist gebürtiger Berliner. Das merkt man ihm im Gespräch überhaupt nicht an. Kein Wunder, denn er ist Vollblut-Schauspieler. Neuerdings sieht man ihn in deutschen Independent-Filmen junger Regisseure, natürlich auch im Fernsehen oder auf der Theaterbühne. Außerdem ist er Musiker. Bekannt wurde er zudem als deutsche Stimme von Daniel Craig und natürlich von John Sinclair.
Herr Wunder, was wünschen Sie dem Geburtstagskind JOHN SINCLAIR?
Dass wir gemeinsam noch ganz viele Geister jagen werden. Und dass wir als Publikum viele lustige, gruselige und spannende Geschichten erleben. Ich mag das Kopfkino, das man durchs Lesen und Hören erzeugt. Besonders toll finde ich, dass ich gerade zum 50. Jubiläum von JOHN SINCLAIR mit dem Live-Geschichten-Erzählen unterwegs bin. Man bekommt die Publikumsreaktionen direkt mit.
Was schätzen Sie an ihm?
Er ist ein Held, der versucht, die Welt zu retten und sie vor dem Bösen zu schützen. Und ich mag, dass auch ganz viel Selbstironie dabei ist. Er ist sich außerdem nicht zu schade, sich Hilfe zu holen. Da ist sein Kollege Suko. Oder der Zeitungsreporter und sein bester Freund Bill Connolly. Da sind natürlich auch Jane Collins und seine Sekretärin Glenda. Oder auch Johns Chef Sir James Powell.
Was haben Sie von ihm im Laufe der Zeit gelernt?
Nicht direkt gelernt, aber wir haben gemeinsam, dass wir nicht immer alles in unserem Leben zu ernst nehmen sollten. Das entspricht meiner Lebensphilosophie. Vielleicht kann man eher sagen, wir beflügeln uns gegenseitig. Es macht mir ganz viel Spaß, die Hauptrolle zu verkörpern, die Figur zum Leben zu erwecken. Gewissermaßen meine eigene persönliche Note in JOHN SINCLAIR zu packen. Zudem ist es toll, Hörspiele zu produzieren. Und überhaupt, Hörspiel ist überhöht. Es ist wie Theater.
Theater für die Ohren.
Genau!
Wann sind Sie erstmals beruflich mit JOHN SINCLAIR in Kontakt gekommen?
Das weiß ich gar nicht mehr so genau, vor vielleicht zehn Jahren?! Ab Folge 100 habe ich komplett den John übernommen, zuvor schon drei Jahre in der Classics-Reihe. Ehrlich gesagt, zähle ich die Jahre oder Episoden nicht, ich schaue nicht zurück. Da es mir so viel Spaß macht, freue ich mich auf die Zukunft, auf die nächsten Episoden, die ich spreche. Es ist noch so viel zu tun.
Das kann ich verstehen! Trotzdem, gestatten Sie mir die Frage, wann und wie sind Sie überhaupt das erste Mal mit dem Helden in Berührung gekommen?
In den 70ern oder 80ern. Als die kurzen Gespenstergeschichten noch in Heften erschienen. Der letzte Satz hat mich als Jugendlicher immer fasziniert. Er lautete in etwa so: „So steht es geschrieben!“ Einerseits waren die Geschichten gruselig und abstoßend, andererseits anziehend. Ich habe eine lebhafte Fantasie bis heute. Ich stellte mir als Jugendlicher immer vor, wie es ist, das selbst zu spielen. Und dann habe ich meinen Traum gelebt. Studiert, geschauspielert. Bis ich Ende der 90er zu Gast bei Oliver Döring war: „Don Harris – Psycho Cop“. Das war die Vorbereitung auf den JOHN SINCLAIR. Ja, so schließt sich der Kreis. Es ist mir eine Ehre, der Held von damals jetzt verkörpern zu können.
Sammeln Sie die Sinclair-Hefte?
Ehrlich? Nein. Aber Sie haben mich auf die Idee gebracht, ich werde jetzt mal in ein Antiquariat gehen und mir ein Heft kaufen.
Cool. Tatsache?
Klar.
Und wie steht’s um die Hörspiele?
Ja, ich habe alle, die ich gemacht habe. Meine beiden Kinder hören die immer noch gern. Mein 21-jähriger Sohn liebt sie. Meine 17-jährige Tochter mag sie auch gern.
Das klingt fast nach einem Familienritual. Hört man die gemeinsam, wenn das neueste Exemplar eintrudelt?
Kann man so sagen. Wir hören sie meistens im Auto, wenn wir gemeinsam in den Urlaub fahren.
Gibt es eigentlich eine richtige Hass-Episode?
Nö. Die sind alle super. Es gibt keine schwache Episode. Was ich momentan besonders schätze, sind die Kurzgeschichten-Specials zu Ostern und Weihnachten. Die finde ich sehr gelungen!
JOHN SINCLAIR kommt streckenweise recht gruslig daher. Mögen Sie das Horror-Genre?
Irgendwie schon, ja. Aber es hat sein Für und Wider. Ich mag ja am liebsten Filme – ich liebe Kino! Ich schaue gern Gruselfilme, aber mit Vorsicht. Übrigens eher so Psycho-Gruselfilme, denn Splatter mag ich nicht so.
Wann haben Sie sich zuletzt gegruselt?
Gute Frage! Ich habe kürzlich die neuste „Es“- Verfilmung gesehen. Da war ich ganz tapfer! Den kann ich empfehlen, aber ich bin ja eh so ein Stephen-King-Fan. Und den Trailer zu „Die letzte Fahrt der Demeter“, den fand ich spannend. Den werde ich mir mal im Kino angucken.
Wie steht’s um Musik, Filmmusik?
In Vorbereitung auf meine Hörspielaufnahmen höre ich tatsächlich viel Filmmusik. Ein Hörspiel zu machen, ist ja fast wie einen Film zudrehen.
Welche Hörspiele laufen bei Ihnen privat?
Nichts Spezielles. Das ist sehr stimmungsabhängig. Ganz klar, Sinclair. Beruflich. Aber Sie werden lachen, auch Leo Lausemaus. Ich bin der Erzähler. Meine Kinder hörten das oft. Manchmal sprechen mich auch mal Eltern darauf an, da merkt man manchmal, einigen ist der Leo bekannter als der John. (lacht)
Woran arbeiten Sie aktuell?
Es gibt aktuell Live-Events. Zweimal lese ich anlässlich des Jubiläums von JOHN SINCLAIR. Am 23. Oktober in Berlin und am 24. Oktober in Hamburg. Fertiggestellt ist zum Beispiel auch die Synchronisation von der Comedy-Serie „Reno 911“!
Ein Satz zum Schluss: Als deutsche Stimme von Daniel Craig, haben Sie ihn schon mal persönlich getroffen?
Ja, auf dem roten Teppich bei der Premiere von „007: Spectre“. Wir haben Fotos gemacht, Autogramme gegeben. Martinis haben wir aber noch nicht zusammen geschlürft.
Das Interview führte MARCUS CISLAK