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Paco Sandt über DIE HERDE DES CURROS CAZA

Ein Debüt, das tief trifft: DIE HERDE DES CURROS CAZA erzählt von Krankheit, Herkunft und der Suche nach einem neuen Leben im alten Umfeld. Wir haben mit Autor Paco Sandt über sein Buch gesprochen.

DIE HERDE DES CURROS CAZA ist ein Roman, der unter die Haut geht – nicht durch Pathos, sondern durch Präzision. Paco Sandt erzählt von einem jungen Mann, dem mit der Diagnose Multiple Sklerose der Boden unter den Füßen weggezogen wird. Curros verliert seine Beziehung, seinen Alltag, sein Vertrauen in den eigenen Körper – und kehrt zurück in ein Viertel voller Vergangenheit, voller Wunden. Im Gespräch mit dem Autor geht es um persönliche Nähe, die Schwierigkeit, ehrlich zu schreiben – und warum manche Geschichten keinen Trost brauchen, sondern Wahrhaftigkeit.

Wie ist die Idee zu DIE HERDE DES CURROS CAZA entstanden – gab es einen konkreten Auslöser oder einen biografischen Impuls?

DIE HERDE DES CURROS CAZA ist daraus entstanden, dass sie so gut wie autobiografisch ist.

Hattest Du davor Berührungspunkte zu Multiple Sklerose bzw. wie hast Du zur Krankheit recherchiert?

Es war mehr so, dass die MS keine Berührungsängste mir gegenüber hatte und mich in diese Art Leben gezogen hat. Das ›Recherchieren‹ kam dann nach und nach mit den Schüben.

Unser Review zum Buch findet Ihr hier.

Multiple Sklerose wird im Roman nicht nur medizinisch, sondern auch emotional und sozial greifbar. Wie hast Du Dich dieser Erkrankung angenähert, um sie literarisch glaubwürdig zu erzählen?

Die Glaubwürdigkeit des Buches kommt natürlich durch meine Erfahrungen mit der MS und ihrer Behandlung. Dass das Geschriebene erlebt wurde und nicht bloß ausgedacht ist, merkt man wohl sofort.

Die Geschichte spielt in einem Umfeld, das von Drogen und Gewalt geprägt ist. Warum war Dir dieses Setting wichtig, und wie beeinflusst es die Figurenentwicklung?

Wie viele andere auch komme ich aus solch einer Gegend. Man hat dadurch verschiedenste Charakterverläufe von anderen in seinen Erinnerungen. Curros Caza ist eine mögliche Person zwischen den anderen in solchen Vierteln. Ich selbst habe diese Welt jedoch vor Ewigkeiten bewusst verlassen.

Curros Caza ist eine komplexe Figur – gebrochen, kämpfend, oft am Rand. Was war Dir bei der Entwicklung seiner Persönlichkeit besonders wichtig?

Curros Caza ist aufgrund der MS natürlich ein spezieller Fall, er hatte seine alte Gegend hinter sich gelassen und kehrt gezwungenermaßen zurück, mit einer Krankheit, die dort noch mehr Probleme macht als in der normalen Welt schon. Er muss also dagegenhalten und wächst daran. Das zu zeigen war mir sehr wichtig, denn dadurch hat er die Fähigkeit, nachher Sandra zu helfen.

Inwiefern spiegelt Curros auch eine bestimmte Gesellschaftsschicht oder ein Milieu, das in der Literatur oft unterrepräsentiert ist?

Einen gesunden Curros gibt es eigentlich öfter in der modernen Literatur. Die MS als Zusatz ist schon speziell, auch, dass das Drumherum der Krankheit gezeigt wird, lässt den Leser genauer in diese Welt hineinsehen. Das wird nicht so oft in dieser Intensität gezeigt.

Deine Sprache ist klar, gleichzeitig sehr eindringlich. Wie hast Du den Ton für das Buch gefunden?

Dass das Zeigen der Realität die größte Rolle spielt, war von Anfang an mein Ziel. Kein Pathos, daran wollte ich mich nicht aufhalten. 

Welche Szene im Buch war beim Schreiben die schwierigste?

Eigentlich alle, die mit dem Krebs zu tun haben. Denn einige Szenen waren Sandras Ideen. Ich war damals so mit dieser Geschichte beschäftigt, dass es mir irgendwann an ihrem Krankenbett herausgeplatzt ist. Ich war in diesem Moment von mir selbst geschockt, dachte es würde sie deprimieren und sie wolle es nicht. Sandra war deswegen jedoch nicht vor den Kopf gestoßen. Im Gegenteil, sie lieferte von da an eine Idee nach der nächsten zum Thema Krebs für das Buch. Ab und an, wenn ich ins Krankenzimmer kam, präsentierte sie mir gleich neue Ideen dazu. Da Sandra immer ein hoch kreativer Mensch gewesen war, blühte sie nochmal richtig auf darin. Diese Seiten konnte ich später lange Zeit nicht lesen.

Findest Du DIE HERDE DES CURROS CAZA ist ein hoffnungsvoller Roman?

Definitiv ein hoffnungsvoller Roman, da er einen wellenartigen Verlauf hat, nach einem Tief kommt auch ein Hoch.  

Wünschst Du Dir mehr Raum für solche Geschichten im deutschsprachigen Literaturbetrieb?

Mehr realistische Bücher, egal welches Thema, an sich würden mich freuen.

Wenn die Lesenden nur eine Sache aus dem Roman mitnehmen sollten, was wäre es?

Man kann an allem wachsen.

Arbeitest Du bereits an einem neuen Projekt?

Ja, aber es muss noch mehr Form annehmen, damit ich darüber reden kann. Es wird sich diesmal jedenfalls nicht um Krankheiten drehen.

Vielen Dank für das Gespräch.

Das Interview führte FLORIAN TRITSCH

Titel: DIE HERDE DES CURROS CAZA
Autor:  Paco Sandt
Verlag:  Independently published
Erscheinungsform & Seitenzahl: Taschenbuch,  155 Seiten
Verkaufsstart: veröffentlicht