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Buffy, Hollywood und die glorreichen Videotage

Peter Osteried ist beileibe kein Unbekannter in cineastischen Kreisen. Zahlreiche Veröffentlichungen zu Horror- und Science-Fiction-Serien der 1990er gehen auf sein Konto, seit geraumer Zeit ist er Chefredakteur einer der langlebigsten Zeitschriften im deutschsprachigen Raum: Der „Moviestar“. Im Interview spricht er über sein Romandebüt Interview mit Marilyn Monroe, seine filmische Sozialisation und seine aktuellen Projekte. Das Ergebnis lest ihr hier.

„Moviestar“, „Buffy“, „Charmed“ und „James Bond“. Mit Blick auf Deine journalistischen Veröffentlichungen wirkt es, als ob Du cineastisch in den 90ern sozialisiert wurdest. Stimmt’s? Peter, warum tauchst du ausgerechnet jetzt ab in die Belletristik, mit Protagonisten, die wenig mit diesem Jahrzehnt zu tun haben? 
In den späten 90ern habe ich begonnen, für verschiedene Magazine zu schreiben. Filmisch sozialisiert wurde ich schon ein Jahrzehnt früher. Einen Roman habe ich schon mal 2018 fertiggestellt, aber der liegt nach wie vor in der Schublade. Danach fehlte irgendwie dieser Moment, an dem man einfach weiß: Jetzt muss es sein. Der kam erst 2022 wieder. Ich saß in einer Pressevorführung von „Moonage Daydream“ und hab mich ehrlich gesagt total gelangweilt. Das kommt ja häufiger vor, aber diesmal war’s irgendwie anders. Ich habe plötzlich die erste Szene von Interview mit Marilyn Monroe vor mir gesehen. Sie war komplett da. Während des Rests des Films dachte ich dann darüber nach, und auch, wie sich dieses Mysterium auflösen ließ. Langer Rede kurzer Sinn, als ich aus dem Kino kam, hatte ich den Anfang und das Ende des Romans – plus ein paar Szenen in der Mitte. Wieso es jetzt ausgerechnet die Stars des goldenen Zeitalters Hollywoods wurden? Weil viele von ihnen noch immer ausgesprochen präsent sind. Gut, ein junges Publikum mag die Filme mit einer Marilyn Monroe und John Wayne vielleicht nicht mehr kennen, aber als Typen sind die meiner Meinung noch immer sehr bekannt. Außerdem kommen in dem Roman auch nicht nur Oldtimer vor – auch Heath Ledger und Chadwick Boseman haben wichtige Rollen inne. 

Was war überhaupt Deine Motivation es mal selbst zu probieren und ein Roman zu schreiben, denn Schreiben ist ja nicht gleich Schreiben?
Ich denke, dass die meisten, die mit dem journalistischen Schreiben ihr Geld verdienen, auch einen gewissen Drang fühlen, selbst etwas zu erschaffen – zumindest dann, wenn sie sich in unserem Bereich tummeln und filmjournalistisch tätig sind. Eine eigene Geschichte, etwas, das es vorher nicht gab. Das hatte ich früher auch schon gewollt, aber mir fehlte der Biss. Einen Roman zu schreiben, bedarf ja auch einer gewissen Disziplin. Interview mit Marilyn Monroe ist innerhalb eines Jahres entstanden. Dafür muss man sich halt auch regelmäßig hinsetzen und die Geschichte weiterspinnen. Letztlich muss es Klick machen. Ich schiebe das auf meine Frau, die begeistert jedes Kapitel nach seiner Entstehung gelesen hat und nach mehr verlangte. Das ist ein immenser Ansporn. 

Was fasziniert dich an den Stars des Alten Hollywood? Was haben sie, was die heutigen Sternchen nicht haben?
Als ich in den 80er Jahren mit dem Filme schauen begann – damals noch bei den zwei öffentlich-rechtlichen Sendern –, da waren diese Filme halt fast noch so etwas wie aktuell. Vieles kam erst in den 80er Jahren überhaupt mal im Fernsehen, und das nach zwei, drei Jahrzehnten. Ich verbinde mit dem alten Hollywood ein Stück weit Kindheit. Diese Filme transportieren irgendwie ein anderes Gefühl für mich. Das war auch eine Zeit – selbst wenn man sie nur retrospektiv erlebte –, in der Stars überlebensgroß waren. So etwas gibt es heute eigentlich gar nicht mehr. Das System war weit mehr auf einige wenige große Stars konzentriert. Der Nachteil war, dass Schauspieler nur selten aus ihren typischen Rollen ausbrechen konnten. Das ist heutzutage natürlich ein Vorteil, weil man die Bandbreite von Schauspielern viel mehr sehen kann. 

Mit drei Sätzen, warum sollte man sich Dein neues Buch unbedingt ins Bücherregal stellen?
Weil es verdammt spannend ist, es ist ein Pageturner – ja, ja, ich weiß, Eigenlob stinkt, aber dieses Feedback habe ich bisher von jedem Leser bekommen. Weil die Mystery des Romans mit all den alten Stars mitreißend ist, aber auch, weil der Roman noch eine andere tiefergehende Ebene hat, die stark ins Psychologische geht und sich den Figuren in Form einer Charakterstudie nähert. Aber er ist vor allem spannend.

Beschreibe uns mal bitte den Schreibprozess. Wie bist Du zum Thema gekommen, wann begann das Projekt und wird es mehr Osteried-Romane geben?
Also ich bin niemand, der sich erst hinsetzt und die komplette Geschichte plottet. Ich habe das Gefühl, das limitiert und engt ein, und irgendwie erscheint es mir auch ein wenig langweilig, weil ich mich selbst nicht mehr überraschen kann. Klar, man braucht einen Anfang und ein Ende, aber das dazwischen ist eine Reise. Ich habe ziemlich genau ein Jahr für den Roman gebraucht. Nicht, dass ich viele Vergleichsmöglichkeiten hätte, aber ich denke, das ist relativ schnell. Fertig damit war ich letztes Jahr im September. Also ja, es wird weitere Romane von mir geben. Der zweite ist gerade in der Entstehung, eigentlich sogar schon eher in der Endphase. Es ist ein ganz anderes Genre. 

Erzähl mal was über die glorreichen 90er. Metrosexuelle Highschool-Vampire waren ja unglaublich en vogue. Wie blickst Du auf das Damalige zurück, wie ordnest Du das für dich ein?
Ach, ich kucke immer noch gerne „Buffy“ – alle paar Jahre ist ein Rewatch fällig. „Babylon 5“ sehe ich seit zwei Jahren auch wieder. Es dauert so lange, weil ich für In Farbe und Bunt die „Babylon 5 Chronik“ schreibe. Sechs Bücher, wobei sich jedes einer Staffel widmet und das sechste dann den Spin-offs. Der dritte Band ist gerade erschienen, mit der Arbeit am vierten beginne ich in Kürze – auf das Ansehen der Staffel freu’ ich mich besonders. Ich sehe ja berufsbedingt schon unheimlich viele neue Sachen, und vieles ist natürlich toll, aber mit den Serien der 80er und 90er Jahre verbinde ich halt auch viel Nostalgie. Es ist auch interessant, die Serienentwicklung über die letzten gut drei Jahrzehnte zu beobachten – das Format wurde ja immer filmischer. 

Und die Charmed-Hexen? Ist das heute noch vorstellbar, dass ein solches Konzept zum Serien-Hit wird? Oder ist das nur noch peinlich?
Dass das Konzept funktioniert, zeigte ja die Remake-Serie vor ein paar Jahren. Ich habe davon aber nichts gesehen. Wahrscheinlich hätte ich aber eingeschaltet, wenn es eine Fortsetzung der 90er-Serie gewesen wäre. Die habe ich seit ihrem Ende aber auch nicht mehr gesehen und bin da, anders als etwa bei „Buffy“ – eher im Zweifel, dass die Show besonders gut gealtert ist. Zumindest, was den Look betrifft.

Die Moviestar war für viele ein Einstieg in die cineastische Wunderwelt, besonders im Gedächtnis blieb mir die Mailorder-Seiten. Da bekam man sogar Bootlegs und andere Obskuritäten auf VHS, VCD und DVD, die aus bestimmten Gründen nicht in Deutschland erhältlich waren/sind. Hast du selbst dort bestellt? Was kannst Du uns noch so über das glorreiche Tape-Traden erzählen? An welche besondere Episode/Bestellung/Begegnung kannst Du dich erinnern? Oder bist du lieber nach Holland gefahren? Jedenfalls klingt das nach Stoff für unzählige Romane …
Ja, an diese Seiten erinnere ich mich auch noch, bestellt habe ich da aber nie was. Das war mir immer zu teuer für VHS-Kassetten. Holland war viel zu weit weg, da ich ja aus dem Süden komme. Bei London-Besuchen habe ich mich aber gerne mit Tapes eingedeckt. Und hin und wieder war ich auch auf Börsen.

Woran arbeitest Du aktuell?
Mein zweiter Roman ist zu so etwa 80 Prozent fertig, denke ich. Ideen für die darauffolgenden sind auch schon genügend da, hier ist das Problem eher die Qual der Wahl, da ich mir noch nicht sicher bin, welche Geschichte ich als Nächstes angehe. Aber der aktuelle beschäftigt mich noch ein paar Wochen. Dann kommt die vierte „Babylon 5 Chronik“. Und natürlich sind meine eigenen Magazine immer arbeitsaufwendig – bei „Moviestar“ und „Moviestar Retro“ bin ich der Chefredakteur, tatkräftig unterstützt von meiner Frau Isi, „Streaming Serien Highlights“ und „DVD/Blu-ray Special“ verantworten meine Mit-Gesellschafter Uwe Raum-Deinzer und Jürgen Krainhöfner, letztlich schreiben wir alle aber an allen vier Magazin-Titeln mit.

Peter, wir danken Dir für das Gespräch!

Das Interview führte MARCUS CISLAK

INTERVIEW MIT MARILYN MONROE
Autor: Peter Osteried
Verlag: In Farbe und Bunt
Seitenzahl: 300