Das mit Illustrationen von Andrea Köster (siehe unten) angereicherte Sachbuch ist vergnüglich, weil es von einem – wie er selbst zugibt – ziemlich naiven Verleger in unverblümter Sprache verfasst wurde, dem Anecken scheißegal ist. Die Editorials aller 23 bisher erschienen Ausgaben des KATAPULT-Magazins seit März 2016 wurden hier in einer Retrospektive versammelt und von Benjamin Fredrich kommentiert – auf Sprachstil, Inhalt oder was bis heute aus den darin erwähnten Projekten geworden ist. Da sich etwa viele Leser eine rare erste Ausgabe des Magazins sichern wollten, habe das KATAPULT-Team den Preis dafür schrittweise angehoben, kommentiert Fredrich dabei schnoddrig: „Letzter Preis: Derzeit 100.000 Euro bei uns im Shop, damit es wirklich niemand mehr kauft. Bis jetzt hat es geklappt.“ Nicht immer sprühen seine Kommentare jedoch vor anarchischem Witz und Pointen. Als Replik aufs Editorial von Ausgabe 5, in dem er anekdotisch ein Treffen mit Wolfgang Schäuble beschreibt, dem er anschließend wöchentlich eine Briefsendung mit seinen Vorschlägen für eine bessere Sicherheitspolitik zukommen ließ, notiert er nur trocken: „Er hat nie geantwortet.“
Ergänzt werden die Editorials um sämtliche Auseinandersetzungen mit der Verlagswelt und Politik, die Fredrich öffentlich auf der Homepage des KATAPULT-Magazins ausgetragen hat – und kommentiert anschließend, was bis heute daraus geworden ist. Er wettert streitbar gegen deutsche Großverlage, die wichtige Corona-Nachrichten hinter Paywalls verstecken und dadurch die Demokratie gefährden. Er rechnet spürbar wütend mit Verlag Hoffmann & Campe ab, der eine dreiste Kopie eines Katapult-Buchs veröffentlichte – und gründete anschließend den Katapult-Buchverlag. Oder er nimmt die Lokalzeitung Nordkurier aus Mecklenburg-Vorpommern ins Visier, die tendenziös über die Nationalität von Straftätern berichtet und Hetzkommentare bei Facebook dazu stehen lässt, weil diese Reichweite bringen – und plante anschließend die Veröffentlichung einer eigenen Lokalzeitung.
Für regelmäßige Leser des KATAPULT-Magazins und der Katapult-Homepage, welche die hier zusammengestellten Texte schon kennen, aber Fredrichs aktuelle Kommentare (die etwa 15% des Inhalts ausmachen) noch nicht, hat FREDRICH RASTET AUS nur bedingt einen Mehrwert. Für alle anderen ist das 224 Seiten umfassende Sachbuch eine ebenso erfrischend-freche Lehrstunde über publizistischen Mut und den ruppigen Umgang in der Verlags- und Medienbranche.
LUTZ GRANERT
Titel: FREDRICH RASTET AUS
Autor: Benjamin Fredrich
Verlag: Katapult-Verlag
Seitenzahl: 224