Cosplay – In Deep
Seit über 20 Jahren verwandelt sich Sakuya in ikonische Charaktere aus Anime, Manga und Gaming – von der anmutigen Serenity aus Sailor Moon bis zum ungestümen Ruffy aus One Piece. Was als spontane Idee für eine Convention begann, wurde zur großen Leidenschaft. Im Interview spricht sie über ihre Anfänge, Herausforderungen beim Kostümbau und warum Cosplay mehr ist als nur Verkleidung. Außerdem gibt sie wertvolle Tipps für Einsteiger, die in diese faszinierende Welt eintauchen möchten.
Erzähle unseren Lesern etwas über dich. Was war dein erster Berührungspunkt mit Cosplay und warum begleitet es dich bis heute?
Ich bin 37 Jahre alt und habe vor etwa 20 Jahren, in den frühen 2000ern, zum ersten Mal von Cosplay gehört. Damals gab es in einschlägigen Magazinen erste große Berichte über J-Musik und Subkulturen. Einige Jahre später lernte ich in meinem damaligen Job einen Nerd wie mich kennen. Gemeinsam beschlossen wir, eine Convention im Cosplay zu besuchen – und ich war sofort begeistert. Es klingt kitschig, aber es hat etwas Magisches, in andere Welten einzutauchen und mit Gleichgesinnten zusammenzukommen.
Wie reagieren Freunde und Familie auf dieses außergewöhnliche Hobby, und welchen Stellenwert hat Cosplay in deinem Leben?
Die Reaktionen meiner Freunde waren sehr unterschiedlich. Manche kommentierten es mit einem amüsierten „Ist dann bei dir immer Fasching?“, während andere positiv überrascht und neugierig waren. Viele Freundschaften sind durch dieses Hobby entstanden und haben sich weit darüber hinaus zu langjährigen, festen Beziehungen entwickelt. Meine Familie war anfangs skeptisch, mittlerweile akzeptieren sie es und unterstützen mich. Besonders meine Neffen finden das „schräge“ Hobby ihrer Tante ziemlich cool.

Gibt es einen Cosplayer, den du besonders bewunderst und der dich in deiner Passion geprägt hat?
Ich liebe die Werke von ladylikanda (IG), usagi_lunnaya (IG) und sapphiremelles (IG), die für mich im Bereich Sailor Moon Cosplays unübertroffen sind. Doch die unangefochtene Nummer eins ist phumincho – für mich die perfekte Verkörperung von Monkey D. Luffy. Ich bin all diesen inspirierenden Künstlern und jedem, den ich in all den Jahren kennenlernen durfte, unglaublich dankbar.
Du hast viele Cosplays als Usagi oder Serenity aus „Sailor Moon“ gestaltet. Was hat dich dazu inspiriert, und welche Bedeutung haben diese Figuren für dich?
Seit den frühen 90ern bin ich ein großer Sailor Moon-Fan. Die Serie war mein bewusster Einstieg in die Welt der Animes. Die Geschichte um mutige Mädchen, die füreinander einstehen, an das Gute glauben und niemals aufgeben, hat mich nachhaltig geprägt. Ich wollte so eine verlässliche Freundin sein – auch ohne Weltuntergangsszenario.
Usagi ist schusselig, nicht die Beste in der Schule und hat oft Angst, aber sie steht für ihre Ideale ein. Das bewundere ich bis heute. Ihre königliche Version, Serenity, war das Sinnbild von Anmut, Reinheit und Herzensgüte – Eigenschaften, die Usagi später in sich wiederfindet. Ihre Sanftheit und positive Ausstrahlung berühren mich bis heute.

Im Kontrast zu dieser sehr weiblichen Figur sieht man dich oft als Monkey D. Ruffy aus „One Piece“. Warum hast du dich für eine männliche Figur entschieden, und was bedeutet dir dieser Charakter?
Ruffy* ist pure Lebensfreude, Hoffnung – ein ewiges Kind, das wir alle irgendwo tief in uns haben. Er besitzt die wunderbare Gabe, anderen ein Lächeln ins Gesicht zu zaubern, ganz ohne Hintergedanken. Ein Lächeln kann Berge versetzen – das erlebe ich sowohl im Job als auch im Alltag oft.
Lange habe ich mich nicht getraut, ihn zu cosplayen. 2016 probierte ich zwei weibliche Versionen von ihm aus, war aber nie ganz zufrieden. Erst 2019 begann ich mit Crossplay – dem Darstellen von Charakteren des anderen Geschlechts – und es fühlte sich richtig an. Luffy ist ja ebenso unkompliziert – außer, wenn man grimmig gucken soll.
Neben diesen beiden Figuren spielst du noch andere Charaktere oder erschaffst neue Versionen bestehender Figuren, wie eine weibliche Darth Vader-Interpretation. Wie wählst du deine Charaktere aus?
Ich liebe meine Lady Vader! Sie entstand spontan für den Ball einer großen Convention, dessen Motto nach Star Wars schrie. Da Helme nicht erlaubt waren und ich die klassische Rüstung nicht tragen wollte, kam mir die Idee, Vader als Frau umzusetzen. Das Design war schnell gezeichnet, und in sechs Wochen war alles fertig.
Meine Cosplay-Wähl basiert auf einer emotionalen Bindung zu den Charakteren. Ich cosplaye nur Figuren, die mir etwas bedeuten oder die ich nachvollziehen kann. Wenn dann noch das Design stimmt, ist der Wunsch schnell da.

Viele deiner Kostüme schneiderst du selbst. Wie hast du angefangen, das Nähen zu lernen, und welches Kostüm war dein bisher aufwendigstes?
„Lernen“ ist zu viel gesagt. Ich hatte das Glück, für mein erstes Cosplay einer befreundeten Schneiderin über die Schulter schauen zu dürfen. Ein Wochenende lang machten wir aus Zeitungspapier ein Schnittmuster, schnitten billigen Faschingsstoff aus und nähten ihn zusammen. Ich beobachtete nur – aber danach beschloss ich: „Ab sofort mache ich das selbst!“ Ein Nähkurs wäre vielleicht klug gewesen, aber ich war zu motiviert und habe es einfach ausprobiert.
Das aufwendigste Cosplay war vermutlich der Lightfury aus „Drachenzähmen leicht gemacht 3“. Das schwierigste war jedoch Alice aus „Kiss of Rose Princess“ – schreckliche Stoffwahl, jede Menge Frust, aber am Ende war es geschafft. Und ich war stolz.
Wie planst du die Herstellung eines Cosplays? Gibt es Materialien oder Arbeitsschritte, die dir besonders wichtig sind?
Heute lege ich viel Wert auf Genauigkeit, damit das Cosplay der Vorlage möglichst nahekommt – aber es muss auch bequem und praktisch sein. Ich nähe oft Taschen in Röcke und Hosen, wenn es das Design erlaubt. Bequeme Wechselschuhe sind ebenfalls ein Muss!
Meine Planung ist strukturierter geworden: Neben einer Materialliste erstelle ich einen Zeitplan mit To-Do-Listen – besonders wichtig, wenn eine Deadline naht.
Du hast die Anfänge der Cosplay-Szene in Deutschland hautnah miterlebt. Was war damals anders?
Anfang der 2010er war die Szene noch viel überschaubarer. Ein Cosplay auf einer Convention zu tragen, fühlte sich wie ein Heimkommen an – wie das Konzert der Lieblingsband: Man kannte niemanden, wusste aber sofort, dass einen etwas verband.
Heute ist die Szene riesig, fast Mainstream. Dennoch gibt es nach wie vor viele positive Begegnungen – und das hält mich bis heute dabei.
Wäre es ein Traum für dich, vom Cosplay zu leben?
Klingt verlockend, aber ich kenne die knallharte Realität. Der Stress, die Erwartungen – das wäre nichts für mich. Ich genieße es, mein Hobby als Hobby zu behalten.
Wie hat sich die Szene durch Social Media verändert?
Früher war Animexx unsere Plattform, perfekt für Cosplayer und Artists. Heute geht es in sozialen Netzwerken oft um Perfektion und Reichweite. Bodyshaming und negatives Feedback sind leider präsenter – auch wenn Body Positivity-Kampagnen dagegenhalten. Die Anonymität erleichtert Kritik.
Aber trotz allem bleibt Cosplay eine kreative, wunderbare Welt, die mich bis heute fesselt.
LILI SCHMIRGAL
Anmerkung: Sakuya verwendet den Originalnamen Monkey D. Luffy. In der deutschen Synchronisation von One Piece wird der Strohhutpirat jedoch als Monkey D. Ruffy bezeichnet. Um Verwirrung zu vermeiden, nutzen wir hier die deutsche Variante.