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Übersicht im Ghibli-Dschungel

Mit 24 abendfüllenden Filmen und ebenso verschiedenen Welten, Figuren und Hintergrundgeschichten wird es für Fans schwer, einen Überblick zu behalten. Zwar ähneln sich weder die Charaktere noch die Welten, aber die Vielschichtigkeit der Erzählungen tut ihr Übriges, um selbst hartgesottene Anime-Fans einen rauchenden Kopf zu bescheren.

Das Buch GHIBLIOTHEK ordnet das Chaos. Neben wunderschönen Szenen der verschiedenen Stücke bieten die Seiten einen Einblick in Produktion und Entstehung der unterschiedlichen Filme. Unterlegt mit Interview-Ausschnitten Mitwirkender, bekommt der Leser schnell ein Gefühl dafür, wie umfangreich und aufwendig die Erstellung eines Ghibli-Meisterwerks ist.

Jeder Film wird dabei durch eine Box eingeleitet, die nicht nur Informationen zum Erscheinungsjahr bietet, sondern auch alle wichtigen Persönlichkeiten auflistet, die an ihm mitgewirkt haben. Neugierige können auf diese Weise einen Blick ins World Wide Web werfen, um zu sehen, wo manch ein Ghibli-Täter seine Finger noch im Spiel hatte.

Eine Reise durch die Zeit

Die Pilgerreise, welche die beiden Autoren Michael Leader und Jake Cunningham auf den Spuren Ghiblis auf sich genommen haben, führt sie nicht nur in filmische Welten. Das Duo war im Mekka aller Otakus: Tokio. Sie trafen nicht nur den ein oder anderen Kopf Ghiblis, sondern hielten das Ganze bildlich fest. Einige der Erinnerungen haben sie im Buch hinterlegt.

Vielleicht deswegen, weil es eine Reise war, beginnt das Buch mit dem ersten Film des Studios „Nausicaä aus dem Tal der Winde“. Aus dem Buch erfährt der eifrige Leser, dass der Titel erst später in die Welt Ghiblis aufgenommen wurde, obwohl er 1984 von Ghibli-Vater Hayao Miyazaki erschaffen wurde. Allerdings lief dies damals über eine Produktionsfirma. Solche und ähnliche Kuriositäten aus dem Ghibli-Versum tragen durch die Seiten. Zudem spickten die Autoren die Jahrzehnte umfassende Reise mit Abbildungen der originalen, japanischen Filmposter.

Hinzu kommen natürlich Auszüge aus dem Produktionsprozess, der sich über die Jahre verändert hat, nicht zuletzt wegen der modernen Technik. Setzte Ghibli am Anfang streng auf die traditionelle, handgemachte Animationsart, änderte das Studio für seinen 2020 erschienenen Titel „Aya und die Hexe“ in die „dritte Dimension“, wie die Autoren es ausdrückten.

Die Autoren bleiben, trotz dass einige Filme mal mehr, mal weniger von der Kritik gelobt werden, erstaunlich sachlich und ordnen die Werke zeitlich für die Leser ein. „Aya und die Hexe“ kam zu einer Zeit, als 3D-Animationen das Handwerkszeug für Kinderfilme waren (und immer noch sind). Hingegen die großen Erfolge wie „Chihiros Reise ins Zauberland“ fußten darauf, dass Miyazaki die Welt so darstellen wollte, wie sie ist: „unklarer und immer verwirrender“, gerade aus den Augen eines unschuldigen Kindes.

Der Schluss und ein Fazit

Das Buch ist ebenso lesenswert, wie die Filme des Studio Ghibli sehenswert sind. Selbst für Anime-Kostverächter bietet das Buch einen Einblick in das japanische Animationshandwerk und die Gedanken der Erschaffer. Nicht nur bekommen Filme-Liebhaber einen „japanischen Blick“ auf das Wirken hinter den Kulissen; die ein oder andere Anekdote der Entwickler dürfte selbst bei den hartgesottenen Ablehnern japanischer Animes für ein Schmunzeln sorgen.

Zudem sind die nach jedem Film mit viel Liebe geschriebenen Impressionen der Autoren mit Herz und Seele verfasst. Schonungslos legen sie ihre Gefühle für die Werke dar und regen zu einem Gedankenkarussell an, das weit über die Geschichten hinausgeht. „GHIBLIOTHEK – Der inoffizielle Guide zu den Filmen des Studios Ghibli“ eignet sich wegen all dieser Facetten sowohl für Freunde des Studios oder Animes an sich, als auch für allgemein interessierte Film-Liebhaber.

LILI SCHMIRGAL

Titel: GHIBLIOTHEK – DER INOFFIZIELLE GUIDE ZU DEN FILMEN DES STUDIOS GHIBLIS
Verlag: Panini
Autoren: Michael Leader und Jake Cunningham
Seitenzahl: 208
Verkaufsstart: veröffentlicht