
Leipziger Buchmesse 2018 - Teil 2
EIN HALBES JAHRZEHNT MCC IN LEIPZIG – Über Superheldenkostüme, „Batman“ im Zoo und die Faszination für bunte Bildchen in Leipzig.
Bunter und weit weniger ernst als bei der Buchmesse nebenan ging es dagegen auch dieses Jahr wieder in Halle 1 zu, wo die Manga- und Comicmesse Manga-Comic-Con (MCC) nun bereits im fünften Jahr stattfand. Zahlreiche Ehrengäste waren angesichts des 5. Geburtstages vor Ort sowie wie jedes Jahr viele deutsche und internationale Zeichner, die sich in langen Signierstunden in Halle 1 sowie am Comic-Gemeinschaftsstand Zeit für ihre Fans nahmen. Andere stellten ihre neusten Werke einem breiten Publikum vor, so unter anderem der mehrfach preisgekrönte Zeichner Simon Schwartz, mit dem ihr ein Interview in unserer neuen Ausgabe (MM Nr. 68) zu seinem Comic „IKON“ (Avant Verlag) lesen könnt.
Aber natürlich waren auch wieder unzählige Cosplayer aus ganz Deutschland nach Leipzig gekommen. So bevölkerte eine bunte Schar an Manga- und Comic-Charakteren an allen vier Messetagen die Halle 1 und das gesamte Messegelände – inklusive der jedes Jahr wieder beliebten Harley Quinn- und Wonderwoman-Verkleidungen sowie anderer Figuren aus dem Superheldengenre.
Der Batman vom Leipziger Zoo
Den Fledermaus-Mann dieser Buchmesse traf man indessen nicht in Halle 1, sondern im Leipziger Zoo. Er trug auch nicht schwarzes Cape und Maske, sondern ein schlichtes, graubraunes Sakko und kreisrunde Brillengläser. Denn Gunnar Decker jagt keine Verbrecher (jedenfalls nicht, dass dies bekannt wäre), sondern er schreibt Bücher. Jüngst nämlich „Die Fledermaus – Bote der Nacht“, erschienen im Berenberg Verlag, und aus diesem las er am Donnerstag der Messewoche im Leipziger Zoo, genauer gesagt im Restaurant Palmensaal. Das Besondere an dieser Abendveranstaltung: Im Anschluss an die Lesung bestand für die Zuhörer die Möglichkeit zu einer nächtlichen Zooführung – auch wenn der Leipziger Zoo keine Fledermäuse besitzt (jedenfalls nicht als Teil seines tierischen „Portfolios“), sondern nur Flughunde.
Decker schilderte zu Beginn der Lesung sein „Fledermaus-Erlebnis“, das sich nicht wie bei Bruce Wayne in einer Höhle oder einem Brunnenschacht ereignet hatte, sondern in einer Sommernacht in Venedig, als sich das Tier in sein Hotelzimmer verirrt hatte. Seine danach folgende panische Angst, gebissen worden zu sein, erklärt die enge Verbindung von Fledermaus und Vampir, die Grundtenor seines 168-seitigen kulturhistorischen Essays ist. Er ist eben kein Zoologe, ihm gehe es „um die Natur, die zugleich eine kulturelle Dimension hat“, erklärt Decker den gut 50 Besuchern im Palmensaal. Der Figur des Vampirs nähert er sich naheliegend über Bram Stokers „Dracula“, und diesem wiederum über die historische Person des Fürsten Vlad „Der Pfähler“ aus Rumänien.
An manchen Stellen sucht Decker vielleicht zu angestrengt nach assoziativen oder inhaltlichen Verknüpfungen zur Fledermaus und wirkt dann mitunter etwas verkopft (da kommt vielleicht der promovierte Philosoph in ihm durch). Dennoch beschreibt er die Tiere im Buch mit großem Respekt und offenkundiger Faszination, mitunter fast liebevoll. Noch dazu liefert er allerlei interessante Fakten, etwa dass eine Fledermaus während des Fluges bis zu 600 Mal in der Minute atmet. Schon diese sowie seine unverkennbare Liebe zum Sujet machen das schmale Buch lesenswert, vor allem verbunden mit Deckers einnehmender und (nein, kein Wortspiel!) beschwingter Schreibe.
Aber um doch noch einmal auf Comic-Helden Batman zurückzukommen: Dieser kommt auch vor in Deckers Buch, aber nur pflichtschuldig kurz vor dem Ende, im popkulturell orientierten Abschnitt „Die Fledermaus als Vampir“, der sich ansonsten eher Dracula und Murnaus „Nosferatu“ widmet. Damit bleibt die Feststellung, dass man sich auf der Suche nach dem „echten“ Batman dann doch lieber auf die Buchmesse begibt – in Halle 1, im nächsten März.
FRANK KALTOFEN
Titel: DIE FLEDERMAUS – BOTE DER NACHT
Autor: Gunnar Decker
Verlag: Berenberg Verlag
Seitenzahl: 168
Erscheinungstermin: veröffentlicht