AUS LIEBE ZUM TRASH – 100 FOLGEN IN DER FILMHÖLLE

Wenn viele zur Fernbedienung greifen, um abzuschalten, fängt die Arbeit der MÄNNER, DIE AUF VIDEOS STARREN erst an. Seit 2016 wagen Commodore Schmidlabb (CS), Trash Bronson (TB) und der American Cyborg Terminator 2K (ACT2K) in ihrem Podcast den Blick in die Abgründe der Filmindustrie. In ihrer 100. Folge haben sie sich den schlechtesten Filmen aller Zeiten gewidmet – den berüchtigten IMDb Bottom 100. Ein Gespräch über Videotheken-Ramsch, gescheiterte Filmvisionen und die Faszination des schlechten Geschmacks.

Wie hat eure Leidenschaft für B-Movies begonnen? 

TB: Rückblickend war sie schon immer da. Richtig wild wurde es mit dem Tod der VHS. Da haben Videotheken und Flohmarktstände ihre Tapes für 50 Cent verjubelt. Teilweise lagen die Kassetten einfach in Haufen auf dem Boden. Als die Blockbuster dann weggekauft waren, blieb der Bodensatz übrig. Und genau da fanden wir echt seltsame Sachen, von denen wir noch nie gehört hatten. Das weckte eine Art detektivische Neugier auf schräge Filme. 

Ein Beispiel?

CS: Damals hatte ich meinen ersten Kontakt zum Werk von Donald G. Jackson. Ein unglaublich schlechter Regisseur, mit einer Vorliebe für harte Drogen, Rollschuhe und anthropomorphe Frösche. 

TB: Das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen. 

Macht es einen Unterschied, ob Filme schlecht sind, weil die Beteiligten es nicht besser konnten, oder ob sie absichtlich Trash produzieren?

ACT2K: Auf jeden Fall. Das ist ein bisschen wie bei Punk-Musik. Man kann schlecht so tun, als sei man Punk – das fällt sofort auf. Das heißt nicht, dass alle auf Trash getrimmten Filme langweilig sind, aber oft fehlt das gewisse Etwas.

CS: Die besten schlechten Filme sind oft die, in denen branchenfremde Leute mit Gottkomplex alles selbst machen – vom Drehbuch über die Hauptrolle bis zur Musik – und absolut nichts können.

Wie seid ihr auf die Idee gekommen, einen Podcast ins Leben zu rufen?

CS: Ich habe das in einer Werbepause einer Wrestling-Übertragung vorgeschlagen. Vorher hatten wir jahrelang einen Blog betrieben, aber es war Zeit für etwas Neues.

TB: Wir dachten, es wäre weniger Arbeit als ein Blog.

ACT2K: Was für ein Trugschluss (lacht).

In eurer Folge 100 behandelt ihr die Bottom 100 der IMDb. Hat euch die Liste überrascht?

ACT2K:  Ja und nein. Manche Titel erwartet man – Uwe Bolls Werke zum Beispiel. Aber es gibt auch echte Überraschungen aus Polen, Indien und der Türkei.

Welche Filme haben ihren Platz auf der Liste verdient und welche nicht?

ACT2K: Ich war baff, wie mies Cats wirklich ist. Man war durch die Diskussionen vorgewarnt, aber der Film hat die niedrigen Erwartungen locker unterboten.

CS: Piranha 3DD hingegen hat dort nichts zu suchen. Man muss ein sehr behütetes Leben führen, wenn dieser Film einen durchrüttelt.

TB: Spannend sind auch die verschiedenen Gründe, warum Filme dort landen. Es sind nicht nur misslungene Fortsetzungen oder schlecht gemachte Produktionen. Der indische Film Gunday, eigentlich ein solide inszenierter Streifen, wurde von den Bangladeschis systematisch abgestraft, weil er die Gründungsgeschichte ihres Landes falsch darstellt. 

Wo verlaufen die Grenzen des guten Geschmacks? Oder anders gefragt: Was darf Kunst?

CS: Kunst darf alles – sie muss nur gut genug sein. 

ACT2K: Was mir aber auf den Magen schlägt, sind Filme, die aus Hass und Verachtung heraus entstehen. Propagandafilme oder die Machwerke, die in den USA von der MAGA-Klientel gerade am Fließband produziert werden.

Lernt man durch schlechte Filme, gute mehr zu schätzen?

CS: Einerseits ja. Andererseits schaue ich fast nur noch B-Movies. Die überraschen mich deutlich häufiger als Oscar-Kandidaten. Wo sonst kann ich sehen, wie jemand Hühner aus den Fingern schießt? Bei Konklave bestimmt nicht.

Das Interview führte BJÖRN HELBIG