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„Wir schauen nicht auf die Uhr“

Titania Medien steht seit 15 Jahren für atmosphärische Hörspiele. multimania sprach mit Marc Gruppe, einem der Geschäftsführer, der für den kreativen Part zuständig ist, über eigene Qualitätsansprüche, neue Fälle von „Sherlock Holmes“ und das Überleben in einer manchmal schnelllebigen Branche.

Wie lange dauert bei euch die Produktion eines Hörspiels?

Das schwankt, gerade im Hinblick darauf, wie lange das Schreiben des Dialogbuchs dauert. Es gibt Stoffe, die schon sehr szenisch geschrieben sind, die nicht so viel Arbeit machen – und andere, bei denen kaum eine Dialogzeile vorkommt und man alles erst neu erfinden muss. Eine Woche reine Arbeitszeit fürs Dialogbuch ist sicherlich der Mittelwert.

Wie geht es dann weiter?

Dazu kommen ein bis zwei Aufnahmetage im Studio für eine CD, noch mal ein bis zwei Arbeitstage für die Auswahl des Materials und etwa drei Arbeitstage für Schnitt und Musikunterlegung, bevor das Hörspiel zu unserem Tontechniker geht, der Lautstärken angleicht und Effekte einbaut, die die Atmosphäre kreieren. Bei der Mischung bin ich dann noch einmal drei Tage dabei für den Feinschnitt. Das ist eine aufwändige und langwierige Sache, dafür dass das Hörspiel hinterher preisgünstig zu erwerben ist. Aber es soll ja auch schön werden, und Stephan und ich schauen nicht so sehr auf die Uhr.

Am 24. November erscheint die 131. Folge von „Gruselkabinett“ und die 32. Folge von „Sherlock Holmes“. Wie lange können die Reihen im Hinblick aufs Material noch weitergeführt werden?

Das „Gruselkabinett“ läuft ganz prima, das sieht man ja auch an der Folgenzahl. Hier ist mir überhaupt nicht bange. Bei „Sherlock Holmes“ gäbe es auch noch sehr viel Material: etwa zweieinhalb Original-Bücher mit diversen Geschichten, die wir noch vertonen könnten. Aber wir werden hier mit den klassischen Geschichten erst einmal in eine Pause gehen und etwas frischen Wind in die Reihe hineinbringen. Wir werden im nächsten Jahr dazu zurückkehren, wie wir die Reihe begonnen haben: mit exklusiven Fällen, die bisher noch nirgendwo zu lesen oder zu hören waren. So schicken wir Sherlock Holmes und Dr. Watson auf ungewohntes Terrain in – auch übernatürliche – Kriminalfälle des 19. Jahrhunderts, wo die beiden Ermittler bisher nicht vorkommen und die eigentlichen Hauptfiguren ersetzen. Das wird eine spannende Sache, die die Reihe noch einmal ordentlich beleben wird.

„Der Hund der Baskervilles“ ist ein klassischer Fall von Sherlock Holmes, auf den Fans schon seit einigen Jahren ungeduldig warten. Gibt es hierfür schon einen Erscheinungstermin?

Ich weiß gar nicht, wie oft das nachgefragt wurde. Der Fall mit Joachim Tennstedt als Sherlock Holmes und Detlef Bierstedt als Watson wird definitiv im Herbst 2018 auf zwei CDs erscheinen.

Ihr habt 2017 euer 15-jähriges Jubiläum gefeiert und seit eurer Gründung 2002 den Hörspiel-Boom ebenso miterlebt wie ein regelrechtes Sterben vieler Label in den Krisenjahren 2007 bis 2009. Wie habt ihr diese schwierigen Zeiten überstanden?

Das ist vor allem ein Beweis für die Qualität unserer Produktionen – das kann man bei aller gebotenen Bescheidenheit einmal erwähnen. Wir haben immer auf gute Schauspieler gesetzt, gute Dialogbücher, tolle Cover und wenig gespart. Entsprechend zufrieden sind Hörspielfreunde seit jeher mit uns. Ein weiterer Grund ist, dass manche Produzenten während des Booms, der sich als Blase entpuppt hat, ihre Labels zu schnell zu groß gemacht haben. Viele haben zu viele Leute eingestellt, zu teure Räume angemietet – das haben wir nicht gemacht. Wir sind personell klein geblieben und können gar nicht 50 Hörspiele im Jahr realisieren, wenn wir auf Qualität setzen wollen. Bei 20 Produktionen ist dann das Ende der Fahnenstange für uns erreicht. Stephan und ich beuten uns weiterhin gnadenlos weiter aus, indem wir den weitesten Teil der Produktion selbst abdecken im künstlerischen und organisatorischen Bereich. Das war das Geheimnis – und für uns war es in den schwierigen Zeiten dann einfacher, den Gürtel enger zu schnallen als für andere.

Wie schätzt du die Hörspiel-Branche heute ein?

Im Moment fühle ich mich erinnert an diese Zeiten damals, als diese Riesenkrise kam. Es war damals auch so wie heute, dass diverse Labels einen unglaublichen Ausstoß hatten – und da brauchten wir das Wort „Qualität“ gar nicht in den Mund zu nehmen. Da war ganz viel Schrott dabei – und der Schrott, der auf dem Markt landet, ist für alle, die etwas in diesem Segment verkaufen wollen, immer ein Problem. Denn der Hörer, der aus Versehen zu einer schrottigen Produktion greift, ist eventuell auch für alle anderen verloren, die mit Hörspielen Geld verdienen möchten.


Das Interview führte LUTZ GRANERT.