
Im Interview: Die Künstler hinter DIABLO IV
In der neuen DIABLO IV Season 8 gibt es erstmals eine Kooperation mit dem BERSERK-Franchise. In einem exklusiven Gespräch mit den Lead Artists Viviane Kosty und Emil Salim erfahren wir, wie aus einer düsteren Manga-Legende ein beeindruckendes Spielerlebnis entsteht. Die beiden Digitalkunstschaffenden sprechen über kreative Herausforderungen, technische Grenzen – und ihre Begeisterung für legendäre Charaktere.
Die DIABLO-Reihe gehört zu den absoluten Klassikern der Gaming-Welt. Am 6. Mai ist es endlich so weit: Season 8 von DIABLO IV startet und bringt eine Menge frischen Wind ins Spiel. Blizzard hat sich mächtig ins Zeug gelegt und liefert unter anderem eine besondere Kooperation: einem Crossover mit BERSERK einem der coolsten Mangas aller Zeiten.
Was auf den ersten Blick ungewöhnlich wirkt, passt auf den zweiten perfekt zusammen: Sowohl die DIABLO-Reihe als auch der Manga teilen düstere Themen, mächtige Charaktere und eine Welt, in der Licht und Schatten erbarmungslos aufeinanderprallen. Die rohe, emotionale Bildsprache des Mangas ergänzt die epische Dunkelheit von DIABLO IV auf faszinierende Weise.
Wir durften mit den beiden Lead-Artists Viviane Kosty und Emil Salim sprechen, die die kreative Verantwortung für den gesamten künstlerischen Stil eines Spiels – von der Charaktergestaltung über die Weltarchitektur bis hin zur Atmosphäre tragen.
Was bedeutet „künstlerische Richtung“ für Sie persönlich – eher ein kreativer Motor oder ein strukturierender Kompass?
Emil: Ich denke, für mich ist Art Directing definitiv mehr auf der kreativen Seite. Wir können dadurch die kreative Richtung für die Zusammenarbeit vorgeben.
DIABLO hat seit Jahrzehnten einen sehr ikonischen visuellen Stil. Was war Ihnen besonders wichtig, um diesen Stil zu bewahren?
Emil: Für uns war es wirklich wichtig, eine authentische, persönliche Erfahrung zu schaffen. Deshalb haben wir versucht, so viel wie möglich vom Geist des Mangas einzufangen und ihn sowohl im Spiel als auch im Soundtrack umzusetzen.
Viviane: Und um noch auf das einzugehen, was Emil gesagt hat: Bei DIABLO als Franchise passt die Welt und der Stil grundsätzlich schon sehr gut in dieses Universum. Beides bewegt sich im Bereich der düsteren Fantasy – mit einer gewissen Schwere, Dunkelheit und auch Gewalt. Daher war es insgesamt recht einfach, die Vorlage möglichst nah und respektvoll ins Spiel zu übertragen.
Und wo durften Sie etwas Neues ausprobieren?
Viviane: Natürlich gibt es auch Dinge, die man als „neu“ bezeichnen könnte – allein schon, weil das Medium gewechselt hat: vom Manga hin zu einem spielbaren 3D-Erlebnis. Das bringt ganz neue Möglichkeiten mit sich.
Emil: Ich würde auch sagen, dass die enge Zusammenarbeit mit dem BERSERK-Team ein großer Gewinn war. Sie waren sehr offen dafür, dass wir bestimmte Details in eine 3D-Form übersetzen – und sogar für eigene Ideen, die wir vorgeschlagen haben. Zum Beispiel gibt es im „DIABLO 8 Portal“ diese Golems – wir haben die Idee eingebracht, verschiedene Arten davon zu gestalten. Das haben wir dem BERSERK-Team vorgestellt, inklusive Concept-Art – und sie haben sofort zugestimmt. Das war eine sehr angenehme Überraschung.
Viviane: Und auch technisch gab es viele Entdeckungen – neue Wege, um Lösungen zu finden, denn wir wollten dem ursprünglichen Material wirklich gerecht werden. Ein Beispiel: In beiden Spielen gibt es diese Echsen-Rüstung, und wir wollten, dass sie sich anfühlt, als hätte sie ein Eigenleben – was ja genau die Idee dahinter ist.
Wie gehen Sie gestalterisch mit der düsteren Atmosphäre um, ohne dass alles zu düster und überladen wirkt?
Emil: Na ja, ich meine, es ist eine Zusammenarbeit mit DIABLO, und das ist ja ohnehin ein Spiel mit sehr düsterer Atmosphäre. Wie Vivian vorhin schon gesagt hat: Es hat einfach super gepasst. Ich glaube nicht, dass wir da irgendetwas runterdrehen mussten, oder, Vivian?
Viviane: Ich denke auch nicht, nein. Eine der Schwächen von DIABLO 4 – oder sagen wir: Einer der Kritikpunkte – ist, dass wir keine wirklich dunklen, düsteren Orte bekommen konnte. Deshalb finde ich, es kann eigentlich gar nicht zu düster werden.
Emil: Das war bei DIABLO 1 und 2 schon genauso.
Viviane: Stimmt.
Die Designs in DIABLO sind oft grotesk, religiös und detailliert. Was ist für Sie die größere Herausforderung: Monster, Architektur oder Charaktere?
Viviane: Ich denke, bei DIABLO 4 sind es manchmal eher die Charaktere, die etwas komplizierter werden. Einfach deshalb, weil wir bei DIABLO 4 ein System für die Charakteranpassung haben, das recht speziell ist. Da gibt es zum Beispiel etwas, das wir Seamlines Bridge nennen – damit können Spielende sehr unterschiedliche Elemente miteinander kombinieren. Und wenn wir dann ein anderes Franchise, wie hier BERSERK, ins Spiel bringen, müssen wir diese technischen Rahmenbedingungen natürlich einhalten. Wir finden oft kreative Lösungen, um den Charakter originalgetreu darzustellen, aber gleichzeitig unser System nicht zu sprengen.
Emil: Die größte Herausforderung für mich war es, die Story von BERSERK sinnvoll ins Spiel einzubinden. Die Geschichte von BERSERK ist riesig – eine epische Saga mit unglaublich vielen beeindruckenden Momenten. Die Schwierigkeit lag für mich vor allem darin, herauszufiltern, welche ikonischen Szenen oder Figuren wir überhaupt einbauen wollen.
Kannst du ein Beispiel dazu nennen?
Emil: Die Spieler kämpfen im Spiel ja gegen Zod, diesen legendären Apostel aus BERSERK. Der hat so viele große Szenen in der Vorlage – da war es echt nicht leicht zu entscheiden, welchen ganz bestimmten Moment wir für diesen einen Bosskampf im Spiel zeigen. Aber am Ende haben wir etwas gefunden, das gut funktioniert.
Gibt es ein Artwork, auf das Ihr besonders stolz seid?
Emil: Also, da ich ja gerade schon über Zod gesprochen habe – ich bin echt stolz auf das, was das Team beim gesamten Environment-Design für diesen Kampf geschaffen hat. Wir wollten mit der Szene auf den ikonischen Kampf in der Berserk-Manga-Vorlage anspielen, wo Zod gegen Griffith und Guts kämpft. Für Fans ist das natürlich sofort erkennbar – dieser Kampf findet in einer Art Dungeon statt, der im Manga nie wirklich benannt wird. Unsere Idee war, in Sanctuary (der Welt von DIABLO) einen neuen Dungeon zu gestalten, der sich aber visuell sehr stark an diesen ursprünglichen, namenlosen Ort anlehnt. Wir haben dafür mit gezieltem Prop-Design gearbeitet, um das Feeling so gut wie möglich einzufangen. Ich denke, dieser Teil gehört definitiv zu dem, worauf ich am meisten stolz bin.
Viviane: Ich bin eigentlich auf alles stolz! (lacht). Aber wenn ich es konkret machen müsste – mein persönlicher Lieblingsmoment war eher das große Ganze: Wie das Team es geschafft hat, ein fast rein zweidimensionales, monochromes Medium wie BERSERK in eine glaubwürdige 3D-Spielwelt zu übersetzen. Und dabei trotzdem dieses Gefühl zu bewahren, das Fans beim Lesen der Vorlage empfinden. Die Charaktere sehen einfach so aus, wie sie aussehen sollen – es fühlt sich richtig an. Und wenn du dann im Spiel bist, hast du echt das Gefühl, dass du direkt vor deinen Lieblingsfiguren stehst.
Emil: Ja, wir hatten auch echt Spaß daran, die Berserker-Rüstung von Guts und Griffith als Cosmetics ins Spiel zu bringen – das war auch supercool!
Wie gehen Sie mit den Erwartungen der Fans um, insbesondere bei einer so legendären Marke mit einer starken Community?
Emil: Du sagst hohe Erwartungen. Wir als DIABLO-Team haben selbst einen sehr hohen Qualitätsanspurch. Ich kann hier nur für mich sprechen aber ich sah es als großartige Herausforderung.
Viviane: Ja, und ich glaube, gerade in unserem Entwicklerteam gab es viele echte Fans, was natürlich geholfen hat. Wir hatten dadurch viel Unterstützung von innen heraus. Viele aus dem Team kannten das Franchise gut und waren mit dem Universum vertraut. Und wir konnten beim Arbeiten an der Zusammenarbeit sogar direktes Feedback von ihnen bekommen – sozusagen aus erster Hand.
Wenn du deine eigene dämonische Kreatur für das nächste DIABLO erschaffen dürftest, wie würde sie aussehen und wofür würde sie stehen?
Emil: Schwierig. Ich meine, es gibt einfach so viele ikonische Kreaturen in BERSERK.
Viviane: Und auch die Charaktere!
Emil: Oh ja. Wenn ich die Gelegenheit hätte, würde ich total gern einen eigenen Boss entwerfen – inspiriert von einem der Apostel aus BERSERK. Vielleicht sogar als Teil eines Hallucory-Bosskampfs in einem anderen Modus. Ich glaube, das würde richtig Spaß machen.
Viviane: Wenn ich zurückdenke, wie ich die Serie quasi durchgesuchtet habe, ist die lustige Geschichte dahinter: Ich habe BERSERK angefangen zu lesen, als wir mit dieser Zusammenarbeit begonnen haben. Und dann war ich völlig drin. Ich finde, es gibt einfach so viele Figuren und Monster, die unglaublich spannend und kreativ sind – sie hätten einfach perfekt gepasst. Und wenn es darum geht, etwas Eigenes zu erschaffen … da frage ich mich schon: Kann ich diesen Erwartungen überhaupt gerecht werden? Denn Berserk bietet einfach schon so viel, ist so kreativ – und ich liebe das, was wir bisher schon haben. Vielleicht könnte man sich sogar von einem der fünf Dämonenkönige inspirieren lassen – also der God Hand, oder?
Emil: Ja, genau. Jeder von ihnen hat so ein cooles, ikonisches Design – ich glaube, das wäre mega spannend.
Viviane: Oder auch von den ganzen Generälen! Ich meine, in jeder Schlacht tauchen gefühlt fünf neue auf.
Emil: Ja, und alle haben so beeindruckende Rüstungen mit einem klaren, visuellen Thema – und sie sehen einfach großartig aus. Ich würde am liebsten alle von ihnen gestalten. Wenn ich jemals die Chance bekomme – dann alle!
Vielen Dank für das Gespräch.
Das Interview führte FLORIAN TRITSCH