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Welche Hauptaufgaben übernimmt Games BW für die baden-württembergische Games-Branche?

Unter dem Label Games BW vereint die MFG Medien- und Filmgesellschaft Baden-Württemberg (MFG) die zentrale Förderstrategie für die Games-Branche in Baden-Württemberg. Unsere Hauptaufgabe ist es, qualitativ hochwertige, kulturell, pädagogisch und technologisch relevante Spiele und interaktive Medienprojekte mit Spielecharakter zu fördern – sowohl finanziell als auch durch begleitende Fördermaßnahmen und Standortkommunikation.

Zu den begleitenden Maßnahmen zählen vorneweg die intensive und individuelle Förderberatung der Games-Studios durch unsere Games BW-Projektmanager*innen sowie der Aufbau eines nachhaltigen Ökosystems am Games-Standort Baden-Württemberg durch unsere Nachwuchs- und Gründungsprogramme wie den Developer Boost, durch unsere regelmäßigen Netzwerkveranstaltungen Open Stages Games BW und das Gamestate Festival Baden-Württemberg als Highlight- und Jahresevent für die Branche – durch Impuls- und Netzwerkevents also, die wir seit vielen Jahren schon zusammen mit dem game Baden-Württemberg, dem CyberForum, dem K³ Kultur- und Kreativwirtschaftsbüro der Stadt Karlsruhe und der Film Commission Region Stuttgart durchführen. Daneben bilden wir mit unserem Games BW-Team in der MFG die gesamten, auch international relevanten Kommunikations- und Standortmarketingmaßnahmen ab wie etwa den Messeauftritt Baden-Württembergs unter dem Claim „THE LÄND – Games Made in Baden-Württemberg“ auf der weltgrößte Video- und Computerspielemesse Gamescom in Köln oder die Vergabe des Animated Games Awards Germany, gestiftet durch die MFG. Wir bieten ein Online-Branchenverzeichnis mit den „Games BW Players“, also den im Land ansässigen Games-Firmen und Institutionen, und eine breite Kommunikation für die Branche z.B. durch eine Interview-Reihe zu hiesigen Frauen in der Games-Branche auf unserer Webseite oder mit Porträts und Beiträgen zu baden-württembergischen Games-Studios und Spielen in Fachzeitschriften.

Games BW organisiert regelmäßig Veranstaltungen. Die nächte ist am 4. Juni ab 18 Uhr in der Spiele-Hochburg Konstanz! 

Wie sieht Ihre Zusammenarbeit mit lokalen Entwicklern und Studios konkret aus?

Wir pflegen durch unsere Förderberatungen und die gezielten Vernetzungsformate einen engen, regelmäßigen und persönlichen Austausch mit den über 150 Studios und rund 1.500 Games-Akteuren im Land, z. B. über unsere Open Stages Games BW und das Gamestate Festival, die abwechselnd in Stuttgart oder Karlsruhe stattfinden. Hier treffen regelmäßig zwischen 80-150 Entwickler*innen und Games-Interessierte aufeinander und tauschen sich über neue Projekte und auch neue Herausforderungen und Bedarfe in der Branche aus. So bekommen wir hautnah mit, was die Branche umtreibt. Das versuchen wir dann auch z. B. durch Verbesserungen unserer Games BW-Förderichtlinie umzusetzen oder auch in Round Tables beim Gamestate Festival zum Thema und damit öffentlich zu machen. 

Außerdem sind wir im kontinuierlichen Dialog mit dem game Baden-Württemberg und weiteren Branchen-Expert*innen beispielsweise mit unserer Games BW-Fachjury oder den Coaches aus der Szene, die unsere Nachwuchs- und Gründungsteams im Developer Boost betreuen. Diese Nähe hilft uns, bedarfsgerecht zu fördern und aktuelle Herausforderungen frühzeitig zu erkennen.

Auch das Spiel M.O.O.D.S vom Freiburger StickyStoneStudio wure von Games BW gefördert. Mehr dazu erfahrt Ihr hier.

Können Sie ein aktuelles Beispiel für ein gefördertes Projekt nennen, das besonders erfolgreich oder innovativ war?

Schönerweise konnten in den letzten Jahren immer wieder Games BW-geförderte Spiele und Studios einen der renommierten Deutschen Computerspielpreise (DCP) für sich gewinnen, so zum Beispiel das Indie-Game-Studio „kaleidoscube“ den DCP-Nachwuchspreis Prototyp für sein fabelhaftes Game „A Juggler's Tale“ oder das in unserem Developer Boost-Programm geförderte und gegründete Studio „Mucks! Games“ den DCP in der Kategorie Bestes Grafikdesign für die interaktive Gute-Nacht-Geschichte „The Bear – A Story from the World of Gra“. 

Diese Beispiele und Games zeigen, wie Baden-Württemberg auch im Indie-Bereich kreative Spitzenleistungen hervorbringt, die international Beachtung finden und erfolgreich sind.

In welchen Bereichen sehen Sie noch ungenutztes Potenzial für Entwickler?

Ein großes Potenzial liegt insgesamt im Bereich der Cross-Innovation und Zusammenarbeit der Games-Branche mit anderen Unternehmen und Branchen hier im Land. Baden-Württemberg hat sowohl einen starken Mittelstand als auch einige Hidden Champions in allen Regionen und Branchen von Automobilindustrie bis Gesundheitswirtschaft. Hier gibt es noch enorme cross-sektorale Potentiale und Synergien zu heben. Interaktive Displays oder interaktive Medien im Fahrzeugbau, situationssimulierende Games in VR-Trainings zur Erforschung und Anwendung im Bereich autonomer Mobilität, Fitness-Apps, Lernspiele oder Games for Impact – Spiele mit cross-innovativem, medizinischem, pädagogischem oder gesellschaftlichem Mehrwert sind gefragt! In all diesen Bereichen können sich Spiele-Entwickler*innen, Game-Designer*innen und Artists technologisch und kreativ austoben und zudem neue Geschäftsfelder erkunden.

Welche technologischen Trends prägen derzeit die Games-Szene in Baden-Württemberg?

Neben der Weiterentwicklung klassischer Game Engines sind besonders Künstliche Intelligenz, Virtual Reality (VR), Augmented Reality (AR) sowie procedural content generation zentrale Themen. Auch multidisziplinäre Teams – etwa mit Expertise aus Film, Design, Musik und IT – gewinnen an Bedeutung und fördern die Qualität und Innovationskraft der Projekte.

Welche Rolle spielen KI, Virtual Reality oder Augmented Reality in den Projekten, die Sie begleiten?

Diese Technologien spielen eine immer größere Rolle – sei es im Character Design, Storytelling, in der immersiven User Experience oder in der Games-Produktion und VR- oder AR-Anwendung selbst. Durch die technologische und räumliche Nähe zu exzellenten Forschungszentren und KI-Hot Spots wie der KI Allianz, dem CyberForum, dem Cyber Valley, dem Virtual Dimension Center oder dem Innovationspark Künstliche Intelligenz Heilbronn können Studios in Baden-Württemberg besonders gut auf neueste KI-Entwicklungen und XR-Technologien zugreifen und sie direkt in ihre Projekte integrieren.

Wie sieht die Zukunft der Games-Branche in Baden-Württemberg aus – gibt es Prognosen oder strategische Ziele?

Unser strategisches Ziel ist es, Baden-Württemberg langfristig zu einer der führenden Games-Regionen in Europa zu machen. Für den Bereich Animation und Visuelle Effekte ist Baden-Württemberg bereits deutschlandweit führender Standort. Auch Games Made in Baden-Württemberg zeichnen sich sowohl durch ihre hohe künstlerische Qualität als auch durch technologische Innovationen aus. Dafür setzen wir auf eine ganzheitliche und nachhaltige Förderung: auf Talentförderung, auf Gründungsförderung, auf starke Netzwerke, Kooperationen und internationale Präsentationsmöglichkeiten für die baden-württembergische Games-Branche. Die Prognosen und die jüngst veröffentlichte Studie zum Animations-, VFX- und Games-Standort Baden-Württemberg der Goldmedia GmbH zeigen, dass die Bedeutung von Games und die Games-Branche Baden-Württembergs – auch durch ihre cross-sektorale Relevanz in Bildung, Gesundheit und Industrie – weiter zunehmen und wachsen werden.

Dr. Ellen Koban ist Unitleiterin Kultur- und Kreativwirtschaft bei der MFG Baden-Württemberg

 Wie wirkt sich der Föderalismus auf die Förderung und Entwicklung von Games in Deutschland aus?

Der Föderalismus ermöglicht es den Ländern, eigene Akzente zu setzen – inhaltlich wie strukturell. Damit betreiben die Länder aktiv regionale Kultur- und Wirtschaftsförderung. Das ist eine große Stärke. Gleichzeitig entstehen Unterschiede in Fördervolumen, Ausrichtung und Infrastruktur, die teilweise auch zu Ungleichgewichten führen. Die Länder Bayern und Nordrhein-Westfalen investieren etwa dreimal so viel in die Games-Förderung wie Baden-Württemberg. 

Damit zumindest die groben Förderrichtlinien und -bedingungen unter den Ländern ähnlich sind, ist eine enge Abstimmung über die bundesweiten Netzwerke wie Games Germany so wichtig. Die MFG ist Gründungsmitglied des bundesweiten Verbunds aus den existierenden Landesförderanstalten. In regelmäßigen Treffen unter den Ländern und zwischen Ländern und Bund oder auch game Verband stimmen wir uns ab und tauschen uns zu Herausforderungen und Entwicklungen der Games-Branche aus, um so auch Synergien zu schaffen und die Branche bundesweit zu stärken.

Gibt es genug Fachkräfte in der Region, oder ist Talentabwanderung ein Problem?

Wir haben in Baden-Württemberg eine sehr gute Ausbildungslandschaft – mit insgesamt 15 Hochschulen im Land, die im Bachelor und Master in den Bereichen Games sowie interaktive und immersive Medien ausbilden, so etwa an den großen und kleineren Games-Hochburgen Ludwigsburg, Stuttgart, Karlsruhe, Heidelberg, Offenburg oder Furtwangen.

Dennoch besteht – wie bundesweit – ein starker Wettbewerb um Talente. Um Abwanderung zu verhindern, müssen nicht nur die Unternehmen in Baden-Württemberg attraktive Jobs für die hiesigen sowie für internationale Entwickler*innen bieten. Das Land muss insgesamt gute Standortbedingungen für kreative Talente bieten, dazu gehören eine hohe Lebensqualität, Raum für kreative Entfaltung, eine attraktive Förderkulisse, starke Netzwerke und offene Plattformen, um diese auch bilden zu können. Deshalb haben wir in der MFG mit Games BW diese ganzheitliche Förderstrategie aufgebaut. 

Welche Schwierigkeiten begegnen Studios in Baden-Württemberg, die es in anderen Bundesländern vielleicht nicht gibt?

Eine der Herausforderungen ist, dass Baden-Württemberg traditionell stark industriell geprägt ist, das bedeutet, die Games-Branche muss sich hier neben den etablierten Wirtschaftszweigen behaupten. Zudem sind Mieten und Lebenshaltungskosten in manchen Städten vergleichsweise sehr hoch. Gleichzeitig sind öffentliche Sichtbarkeit und Anerkennung für Games als Unterhaltungs- sowie Kultur- und Bildungsmedium – etwa im Vergleich zu klassischen Medien – noch nicht überall selbstverständlich. Daran arbeiten wir aktiv.

Früher galt es als sicher, dass ein Gamestudio in einer Großstadt sitzen muss – Baden-Württemberg zeigt, dass das nicht mehr unbedingt gilt. Was hat sich geändert?

Durch Remote-Arbeit, digitale Infrastruktur und hybride Arbeitsmodelle ist Standortflexibilität heute viel größer. In Baden-Württemberg gibt es neben den beiden größten Games-Standorten Karlsruhe und Stuttgart auch in kleineren Städten wie Offenburg, Furtwangen oder Konstanz lebendige Entwickler-Communities – nicht zuletzt dank ihrer Ausbildungsstätten, Förderangebote, Netzwerke und einem guten Lebensumfeld.

Gerade Karlsruhe scheint bei Spieleentwicklern besonders beliebt zu sein. Woran liegt das, und gibt es ähnliche Entwicklungen in anderen Städten der Region?

Karlsruhe ist ein herausragendes Beispiel dafür, wie ein starkes regionales Ökosystem die Games-Branche gezielt fördern kann. Ein zentraler Erfolgsfaktor ist die enge Verzahnung von Wissenschaft, Forschung, Technologie und Kunst – mit Institutionen wie dem Karlsruher Institut für Technologie (KIT), dem CyberForum, dem städtischen K³ Kultur- und Kreativwirtschaftsbüro inmitten des gesamten Kreativwirtschaftsareals Alter Schlachthof und dem Zentrum für Kunst und Medien (ZKM) verfügt Karlsruhe über lokal sowie international wirkende, anerkannte Einrichtungen, die Innovation und kreative Technologien aktiv vorantreiben.

Gerade diese interdisziplinäre Durchlässigkeit macht Karlsruhe so attraktiv: Entwickler*innen profitieren von Hightech-Forschung in Bereichen wie Künstliche Intelligenz, Simulationstechnologien und interaktiven Medien, gleichzeitig fördert das ZKM Projekte an der Schnittstelle von Kunst, Gesellschaft und digitaler Kultur – ein inspirierendes Umfeld auch für narrative, künstlerisch-experimentelle oder gesellschaftlich relevante Games.

Zudem gibt es eine agile Entwickler-Community, verschiedene Studiengänge mit Games-Bezug und eine hohe Lebensqualität – alles Faktoren, die sowohl etablierte Studios als auch Gründer*innen anziehen.

Ähnliche Entwicklungen sehen wir auch in anderen Städten, wo jeweils Ausbildung, Kreativwirtschaft und Technologie eng verzahnt sind. Unser Ziel mit Games BW ist es, diese Hotspots landesweit durch unsere Veranstaltungen und durch das von uns koordinierte landesweite Hochschulnetzwerk Games und Games-naher Studiengänge noch besser zu vernetzen und so das gesamte Innovationspotenzial Baden-Württembergs für die Games-Branche, für Wirtschaft und Gesellschaft nutzbar zu machen – Games Made in THE LÄND.

Mehr Informationen zu Games BW findet Ihr auf der offiziellen Webseite.

Das Interview führte FLORIAN TRITSCH