
Gipfeltreffen der Grusel-Literatur
Hochkaräter en masse: Die Horror-Kurzgeschichtensammlung SHINING IN THE DARK ist wieder erhältlich.
Aktuelle Dreharbeiten, frische Serien- und Filmstarts oder eine neue, unglaublich gruselige Geschichte: Seit 1996 stellt Hans-Åke Lilja allerlei Neuigkeiten, Reviews oder auch Interviews im Umfeld vom (oder mit dem) berühmten Horror-Schriftsteller Stephen King auf seine Website „Lilja’s Library“. Das 20-jährige Jubiläum sollte dann auch mit einem ambitionierten Buch-Projekt gefeiert werden. SHINING IN THE DARK lautet der Titel des von ihm herausgegebenen Bandes, in dem er zwölf Horror-Kurzgeschichten vieler namenhafter Genre-Autoren versammelte. Nach der inzwischen vergriffenen deutschen Erstveröffentlichung (erschienen 2018 ohne ISBN) legte der Buchheim Verlag den Band mit neuem Titelbild im hochwertigen Hardcover mit Lesebändchen neu auf.
Den Auftakt macht – und darüber freute sich Hans-Åke Lilja in seinem Vorwort ganz besonders – ein Beitrag von Stephen King höchstpersönlich. In „Der Blaue Kompressor“ treibt die Autoren-Legende seine Spiel mit Meta-Ebenen auf die Spitze. Immer wieder springt er zwischen Ausführungen zu seiner Kurzgeschichte (etwa zur Sexualmetaphorik), der eigentlichen „äußeren“ Erzählung um dem schreibenden Protagonisten Gerald Nately und dessen inneren Gedankenfluss beim zunehmenden Hass auf seine dicke Vermieterin Mrs. Leighton hin und her. Experimentierfreude bestimmt auch den zweiten Beitrag „Internet“ von Jack Ketchum und P.D. Cacek, der nur mit Chatverläufen, einem Tagebucheintrag und einem Verhörprotokoll der Polizei den Mord von Andrew J. Sky an einem minderjährigen Mädchen rekonstruiert. In die Kategorie „Was hat der denn geraucht?“ fällt hingegen die erstmals 1993 veröffentlichte Kurzgeschichte „Pidgin und Teresa“ von „Hellraiser“-Schöpfer Clive Barker, in dem sich in London ein Kanarienvogel in einen lüsternen Menschen und ein Dämon in einen Haufen Scheiße verwandelt – einfach nur weird. Mein Favorit: Die extra für die Kompilation aus der Ich-Perspektive geschriebene, ultratraurige Geschichte „Das Ende aller Dinge“ von Brian Keene, in welchem ein Familienvater nach dem Unfall-Tod von Sohn Braylon und Suizid von Ehefrau Caroline jeden Tag aufs Neue vergeblich die Apokalypse herbeiwünscht.
LUTZ GRANERT
Titel: SHINING IN THE DARK
Verlag: Buchheim Verlag
Autor: Hans-Åke Lilja (Hrsg.)
Erscheinungsform & Seitenzahl: Hardcover, 272
Verkaufsstart: veröffentlicht